Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Samstag, 17. Januar 2015

Die Künstlergruppe microwesten

Bei der Aufbereitung früherer Fotos im Rahmen des Personenbuchs-Projekts stolperte ich auch über die interessante Ausstellung im GRAZ im Juli 2011. Westpakete hieß die Ausstellung, und es ging um die "Care"-Pakete, die Westdeutsche an DDR-Angehörige sandten. Das Thema war künstlerisch hervorragend aufbereitet und die Hintergründe zu diesem Thema waren ebenfalls sehr interessant. Ich woltle dann nur noch wissen, wer die Künstler auf dem Gruppenfoto sind, ein Gruppenfoto, das eigens auf meinen Wunsch hin gemacht wurde.

Dabei kamen die GRAZler gehörig in's Rotieren - meine email-anfrage wurde von einem zum anderen geleitet und diskutiert,  bis mir klar war: das kann nicht funktionieren. Denn hier wurden nicht einzelne Gastkünstler eingeladen, sondern eine Gruppe als solche wirkte mit, die Künstlergruppe microwesten, deren Mitgliederbestand sich natürlich auch wieder ändern kann und daher niemand einzeln bekannt sein kann.


Mitglieder der Künstlergruppe microwesten - Ausstellung im Kunstverein GRAZ in Regensburg, Juli 2011
Ich habe dann recherchiert und ein Profil zusammengestellt. Hier das Ergebnis meiner Recherchen:


Microwesten ist eine Künstlergruppe, die zeitgenössische Positionen in verschiedenen Medien präsentiert und kontinuierlich überregionalen Austausch und internationale Vernetzung betreibt. Ausstellungen werden projektorientiert an unterschiedlichen Orten in Zusammenarbeit mit Kuratoren und Künstlerinitiativen umgesetzt.

Die Künstlergruppe microwesten wirkte im Jahre 2011 in einer Ausstellung im Regensburger Kunstveren GRAZ mit:
Ausstellung: Westpakete - Kaffeekunst, Strumpfhosenmalerei, D-Markcollagen, Familienfotos; Eröffnung Freitag, 15.07.2011, 20 Uhr   

Sie bildete den Kern der ausstellenden Künstler, an denen sich aber auch andere Künstler beteiligten. Umgekehrt waren nicht alle Mitglieder der Gruppe anwesend.

Ich bat sie zu einem Gruppenfoto. Im Dezember 2014 versuchte ich die Personen zu identifizieren, bis ich merkte, dass es sich um eine Künstlergruppe handelt.

 Eine Beschreibung habe ich auf ihrer Homepage nicht gefunden. Nach einigem Zeitaufwand zur Recherche habe ich aufgegeben, weiter nach Informationen zu suchen - die meisten Infos fand ich in meinem eigenen Veranstaltungshinweis im Jahre 2011, bei dem  ich damals die Angaben aus  Pressemitteilung übernahm und um eigene Recherchen erweiterte.


Über die Gruppe schrieb ich damals:

Erstmals firmierte microwesten bei einer großen Gruppenausstellung im Ostteil Berlins unter diesem Namen. Bei der damaligen Ausstellung präsentierten hauptsächlich aus dem Westteil der Republik stammende Künstler Werke im Mikroformat. ....

microwesten ist eine dynamische Künstlergruppe, die zeitgenössische Positionen in verschiedenen Medien präsentiert und kontinuierlich überregionalen Austausch und internationale Vernetzung betreibt. Ausstellungen werden Projektorientiert an unterschiedlichen Orten in Zusammenarbeit mit Kuratoren und Künstlerinitiativen umgesetzt.

Die Initiatoren der Gruppe, Ricarda Wallhäuser, Matthias Roth, Bertram Schilling und Kim Dotty Hachmann lernten sich in den späten neunziger Jahren an der Kunsthochschule Kassel kennen, wo sie erste gemeinsame Ausstellungen organisierten.
Nach Studienende intensivierten die Künstler von ihren neuen Wohnorten Berlin, München und Hamburg aus ihre Zusammenarbeit; Julia Hürter kam 2004 dazu.

microwesten präsentierte sich in zahlreichen Galerien, Kunstvereinen und Projekträumen. Ab 2007 folgten Messebeteiligungen u.a. in Stockholm, Turin, Karlsruhe, München und Berlin.

Durch die fortwährende Einbindung von Gastkünstlern und die Kooperation mit anderen Künstlergruppen und Kulturinitiativen erfährt die Gruppe wichtige neue Impulse, und setzt dabei unterschiedliche künstlerische Beiträge in ein sich ständig wandelndes Spannungsfeld

http://www.regensburger-tagebuch.de/2011/07/westpakete-neue-ausstellung-im.html


Die damalige Ausstellung im Kunstverein GRAZ selbst war höchst interessant und beschäftigte sich mit den so genannten Westpaketen. Westpaket war die in der DDR übliche Bezeichnung für Pakete, die Westdeutsche an Familienangehörige und Freunde in der DDR sandten. Es gibt sogar einen Wikipedia-Eintrag hierüber.


Zur Ausstellung schrieb ich im Tagebuch:

Über 50 Künstler, Musiker, Autoren, Kuratoren, Galeristen und Wissenschaftler schnüren Überraschungspakete für die Ausstellung zum 11jährigen Jubiläum der Künstlergruppe microwesten.   Zur Feier ihres Jubiläums hat die nomadisierende Künstlergruppe microwesten Künstler aus aller Welt gebeten, ein Werk zum Thema “Westpakete” nach Regensburg zu schicken. ....
...  Auch in Regensburg und Berlin bleiben die Akteure ihrem Grundsatz treu, und binden lokale Kunstschaffende anlässlich von Performances, Künstleressen und Vorträgen aktiv ein. ... 

 Wikipedia zu Westpaket:
Westpaket war die in der DDR übliche Bezeichnung für Pakete, die Westdeutsche an Familienangehörige und Freunde in der DDR sandten Ostdeutsche konnten westdeutsche Familienangehörige nach dem Bau der Mauer (1961) überhaupt nicht oder nur schwer besuchen. [1] [2] [3] [4]
So nahmen persönliche Kontakte ab. Viele Westdeutsche schickten, wie vom Büro für gesamtdeutsche Hilfe Bonn angeregt, ostdeutschen Verwandten mehr oder weniger regelmäßig – zum Beispiel zu Weihnachten oder zum Geburtstag – Westpakete Im Gegenzug gab es das Ostpaket. Mangels ausreichender Möglichkeiten zum Telefonieren war das neben Briefen oft der einzige Kontakt, der vielen Familien blieb. Westpakete waren angenehme Ergänzungen für den täglichen und längerfristigen Bedarf. Lebensnotwendig waren sie nicht, zumal sich die vom Büro für gesamtdeutsche Hilfe herausgegebenen Informationen Geschenksendungen nach Mitteldeutschland nicht am Bedarf in der DDR orientierten.[5]
Der Inhalt der Westpakete musste mit der Aufschrift Geschenksendung, keine Handelsware gekennzeichnet sein und ein Inhaltsverzeichnis enthalten. Verschickt wurden neben Kleidung und Bettwäsche vor allem Süßigkeiten, Kaffee und Backzutaten.

Für die Verpackung der Pakete wurden oft bewusst "schöne" Materialien (z. B. Geschenkpapier) benutzt, die in der DDR in dieser Qualität nicht erhältlich waren und daher vom Empfänger gerne aufbewahrt und weiterverwendet wurden.

Verboten war der Versand von "nicht visuell lesbaren Medien" also z. B. Tonträgern. Tonbandkassetten wurden darum beispielsweise regelmäßig beschlagnahmt.

Die durchschnittlich etwa 25 Millionen Pakete, deren Versand die westdeutschen Absender steuermindernd geltend machen konnten, enthielten pro Jahr etwa 1.000 Tonnen Kaffee und fünf Millionen Kleidungsstücke. Beide waren auch als Tauschware von privat an privat begehrt (Tauschhandel).

Während die DDR zunächst versuchte, den Versand und die Auslieferung dieser Pakete zu behindern (etwa durch die Forderung eines Desinfektionsnachweises für gebrauchte Kleidungsstücke), waren die Pakete später fester Bestandteil in den Planungen zur Versorgung der Bevölkerung. So entschied das Politbüro der SED am 28. Juni 1977 über eine erste Vorlage „zur Produktion und der Versorgung mit Kaffee- und Kakaoerzeugnissen“ zwecks Verringerung des Devisenverbrauchs für den Import während der Kaffeekrise in der DDR: „Weiterhin ist damit zu rechnen, daß … eine Zunahme der Versorgung … durch andere Quellen, wie z. B. durch grenzüberschreitenden Päckchen- und Paketverkehr und beim Abkauf im Intershop … erfolgen wird.“
Im Tagebuch gibt es nur einen Veranstaltungshinweis auf die Ausstellung Westpakete, aber keinen Artikel über die Vernissage / Finissage, obwohl ich überarbeitete Fotos von dem Abend besitze. Möglicherweise ist der Artikel verloren gegangen.



 Homepage:
 Weitere Links:




Ein Teil der Künstlergruppe microwesten - Ausstellung im Kunstverein GRAZ in Regensburg, Juli 2011