Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Montag, 12. Januar 2015

Neu - umfassende Doku über Amaro Ameise

Anlässlich der Fotos über den Neubau im Peterstorgraben (Petersgraben, Peterstor-Graben), dort wo früher Amaroland war, habe ich nun den Artikel über Amaro Ameise im Regensburger Personenbuch freigeschaltet.

Auf diesen Artikel bin ich sehr stolz, denn es ist die umfassendste und systematischte Darstellung über Amaro Ameise, die es derzeit gibt. Alle Artikel über ihn, auch seine eigene Webseite, zeigen immer nur Mosaiksteine, und man muss viel lesen, um ein Gesamtbild zu bekommen.

Foto: April 2009

Vor allem aber ist vielen immer noch nicht bekannt, das Amaro Ameise schon vor den Aktionen im Peterstorgraben umweltschützend in und außerhalb Regensburg aktiv war, und auch in den Jahren danach Projekte durchführte. Derzeit, genaugenommen seit Anfang 2014, wirkt er in Augsburg, und räumt dort quasi auf.

Im Jahre 2011 brachte ich nach einem Gespräch mit ihm eine sehr gründlichen Aufsatz über seine Tätigkeiten in das Tagebuch, den ich in dem nachfolgenden Gesamtartikel eingearbeitet habe.


Markus Frowein alias Amaro Ameise, 12.04.2009 im Peterstorgraben



Amaro Ameise - Markus Frowein


Markus Frowein alias Amaro Ameise ist eine Art Umwelt-Aktivist, der deutschlandweit tätig ist, aber in Regensburg besonders bekannt wurde.


2005 begann Markus Frowein, der damals nur unter dem Namen Amaro Ameise bekannt war, das verwilderte und vermüllte Privatgrundstück am Peterstorgraben aufzuräumen.

 Binnen vier Jahren hat er den Graben Quadratmeter für Quadratmeter von Bauschutt und Sperrmüll befreit, auch von dem immer wieder neu hinuntergeworfenen Müll. Ferner hat er den Boden bestellt und auf sympathische und fantasievolle Weise bepflanzt. Zwischendurch gab es Unterhaltungen mit den Passanten oben auf der Brücke. 2008 baute er sich einen provisorischen Unterschlupf im feuchten Bogen unter der Petersbrücke, wo er an selten Tagen übernachtete; ansonsten wohnte er bei seiner Freundin. Die in den Medien kolportierten Behauptungen, er wohne im Graben, oder er sei ein "Stadtindianer", bestreitet er ausdrücklich.


Durch seine Aktion wurde er überregional bekannt - bis hin zum japanischen Fernsehen interessierten sich die Medien für ihn. Er erhielt massive Unterstützung von Regensburger Bürgern und Prominenten, auch als er vom Grundstücksbesitzer wegen Hausfriedensbruchs angezeigt worden war.

Typisch für Amaro Ameise: Herzformen.
Und die Verwendung von Bauschutt für nützliche Zwecke


2009 erklärte  Amaro Ameise das Projekt für beendet, schien aber die darauffolgenden Jahre noch sporadisch den dort angelegten Garten zu pflegen. Jedenfalls schrieb er 2009 mit Straßenkreide:

Ich bin fertig !  Die Fragestellung war folgende:
1. Wie verhindere ich das Installieren einer Bausünde (Beton)?
2. Wie reinige ich das Grundstück von jeglichem Müll?
3. Wie verhindere ich, dass der Platz weiterhin vermüllt wird?
4. Wie erzeuge ich einen schöneren Anblick?

Die Antwort hat fast vier Jahre gedauert.

Amaro Ameise war aber schon in den Jahren davor und ist in den Jahren danach als eine Art Umwelt-Aktivist  tätig. Auf einer früher aktiven Webseite (amaro.voll.in ?) schrieb er:

Können Sie es auch nicht sehen, wenn um sie herum alles vermüllt und zubetoniert wird?
Ich auch nicht. Deshalb greife ich ein, wo es nötig wird.  Ich reinige vermüllte Schandflecken und versuche, sie in meinem Sinne zu verschönern.
Dazu gehören nicht nur Grünflächen, sondern auch Straßen, Plätze und Wege.  Wenn sie also meine Internetadresse irgendwo lesen, war ich schon da.  Ich hoffe, es freut Sie, wenn es ein wenig sauberer und schöner auf unserem Planeten wird.
Beispiele für seine Aktivitäten
  • So  hatte er vor 2011  in tagelanger Arbeit einen vermüllten und rattenübersäten Bereich im Regensburger Park zwischen Bahnhof und Stobäusplatz Regensburg auf Vordermann brachte. Der zum Teil von von Obdachlosen stammende Müllberg war dort schon ein Rattenausflugsziel.
  • Er räumte ferner  in der Thundorfer Straße auf, als  dort sich Obdachlose in dem ausgebrannten Haus vom "Adler" einnisteten. Dort war der Müllberg so hoch, dass die Ratten nachts über die Schlafenden liefen. Mit dem Müll hätte er wohl einen 10-Tonner laden können, erzählte er mir.
  • Im Juni 2011 säuberte auf der Jahninsel den Boden. Zwar gehen regelmäßig Beamte durch, um dort und an anderen Donauufern aufzuräumen. Aber die können nur das Notwendigste schaffen. An der Südspitze z.B., wo ich ihn traf, seien Tage zuvor sechs Beamte gesehen worden, erzählt er, aber die Wiese war natürlich immer noch von wildem Müll und vor allem mit Zigarettenkippen übersät. Er benötigte zwei komplette Tage für die "Endreinigung" der Südspitze. Er entfernte neben dem üblichen Müll auch tausende von Glassplittern und tausende von Zigarettenkippen, genau das, was einen normalen Reinigungsdienst überfordern würde. Ich und Yorki waren ihm dankbar dafür.
  • Er erzählte mir bei diesem Gespräch im Jahre 2011 von einer Aktion in Rheinland-Westfalen, wo es sich einbürgerte, dass in einem Naturschutzgebiet jeweils am 1. Mai wilde Parties gefeiert wurden. Dies uferte aus, bis es ein paar Tausend waren.  Im Laufe dieser Jahre merkte er, dass die Feiernden zunehmend zu viel Müll zurückließen. Und so wollte er wissen, ob er die Feiernden "überholen kann", erzählte er mir. Während die Gruppen um die Lagerfeuer saßen, räumte er die ganze Nacht hindurch um sie herum auf, bekam dabei Unterstützung und Einladungen von den Feiernden. Als am Morgen die Waldarbeiter kamen, fielen ihnen die Kinnladen herunter: alles was blitzblank aufgeräumt. Er hatte es geschafft. Erst in den Jahren 2009, 2010 versuchte die Polizei, die Vermüllung  zu unterbinden.
  • Im August 2012 wurde er in Regensburg aktiv, und schrieb vor dem Neuen Rathaus in Regensburg mit Kreide eine Botschaft an den Oberbürgermeister auf die Straße - einen offenen Brief, worin er sich beschwerte,  dass die Stadtverwaltung seine Umwelt-Projekte unterbinde. Er forderte die Bürger dazu auf, Straßenmüll zu sammeln und vor dem Rathaus abzustellen.
  • Während des Jahres  2014 war er gemäß seiner Webseite in Augsburg aktiv: "Augsburger Aktionen" (amaroland.beebworld.de)


Allgemeines

Sein bürgerlicher Name ist Markus Frowein. Den Namen Amaro habe  ihm seine Freundin gegeben, die ihn, in allem was er tut, moralisch unterstützt und zur Seite steht. Ihretwegen ist er die meiste Zeit in Regensburg. Aber gelegentlich macht er Ausflüge oder Aktionen im restlichen Land.

Er schimpfe nicht, spreche Leute nicht an, moralisiere nicht, sondern räume einfach auf, erklärte er mir in einem Gespräch.  Da räumt er beispielsweise im ausgebrannten Adler-Haus um die Obdachlosen herum alles auf, ohne zu predigen. Diese lernen von alleine dazu und halten ihren Platz ein bisschen sauberer.  Als Amaro zum Abschluss noch einen gebrauchten Teppich organisiert und ausgelegt hatte, saßen die Obdachlosen verdattert in dem aufgeräumten Raum  und  wussten nicht, wie ihnen geschah.

Gelegentlich sende  er aber doch dezente Botschaften aus.  Zum Beispiel als er vor einem Regensburger Lokal mit Kreide die Bitte äußerte, sich um die Zigarettenkippen Gedanken zu machen. Da waren die Betreiber mächtig sauer. Bei solchen Gelegenheit wird er dann schon mal "herumgeschubst", wie er es umschrieb. Näher wollte er nicht darauf eingehen. Ich war lange genug Anwalt, ich kann mir schon denken, wie das aussah.

Er erzählte auch von den Betrunkenen, die nachts im Bereich des Stadtgrabens herumtollen. Diese warfen früher alles mögliche in den Graben, auch schon mal komplette Parkbänke. Einmal warfen sie mit Bierflaschen nach ihm, als er sich im Garten aufhielt.

Ein anderer tanzte betrunken auf dem Geländer herum, verlor das Gleichgewicht und fiel in den Graben. Dabei fiel er mit den Beinen voran in ein  frisch umgegrabenes Blumenbeet und steckte dann bis zu den Schienbeinen in der lockeren Erde - mit minimalen Verletzungen, wie sich später herausstellte.




Verhältnis zu  Mitarbeitern der Stadtverwaltung

Das Verhältnis zu Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die anfangs die Hintergründe nicht kannten, war zunächst gespannt. Markus Frowein erzählte mir bei einem Gespräch im Jahre 2011 von dem wilden betonierten Müll-Loch unter der Protzenweiher Brücke in Steinweg - ein Hygiene-Desaster und Rattenparadies. Den Müll musste er an einer Bushhaltestelle in der Nähe des bunten Hauses zwischenlagern, wo ihn ein Passant sah, der wiederum die Polizei anrief.
Die Polizei zwang ihn, den Müll wieder in das Beton-Loch zu versenken!

Im Laufe der Jahre wurde er aber  von  den Beamten der Stadt akzeptiert. Auch die Straßenkehrer, deren Behältnisse er gelegentlich überbeanspruchen muss, wenn er größere Mengen entledigen muss. Lediglich einige Leute vom Stadtgartenamt seien noch etwas pikiert, weil sie sich von ihm vorgeführt fühlen. Aber das sei  nicht seine Absicht. Denn wir Bürgerseien es  es, die ohne nachzudenken soviel Müll produzieren, dass die Beamten nicht mehr mitkommen. Und er opfert seine Freizeit, um hier zu helfen.


Sonstiges

Abweichend von dem sonst üblichen Aufbau der Artikel in dieser Webseite  möchte ich hier eine Historie meiner Reportagen im Regensburger Tagebuch zusammenfassen, mit Übernahme der Original-Texte, in denen sich weitere Details finden:



Im Juli 2008 schrieb ich erstmals über ihn
http://www.regensburger-tagebuch.de/2008/08/amaro-ameise-der-beruhmte-gartner-von.html
Er war damals schon drei Jahre im Graben aktiv
Amaro Ameise - der berühmte Gärtner von Regensburg
Wer von der Maxstraße kommend Richtung Petersweg fährt, kommt an einer Stelle vorbei, an der rechts eine riesige, tiefgelegene Baulücke klafft, dem Stadtgraben vom Peterstor.



Dieser hat sich in den letzten Wochen zur Attraktion für Regensburger und Touristen entwickelt. Fast ständig stehen oben Passanten und sehen sich das grüne Wunder an, das ein Regensburger mit namen "Amaro Ameise" (Künstlername) dort bewirkt hat. Spätestens seit März ist er Gegenstand von Zeitungsartikeln geworden, und wie ich hörte, hat er sich vor kurzem mit einer japanischen Touristendelegation über ein Interview unterhalten, das er in zwei Wochen für das japanische TV geben soll.

Vor ein paar Wochen sah ich mir das ganze mal näher an, als ich gerade vorbei radelte. Und war überrascht. Amaro Ameise arbeitete dort unten an einem Gemüsebeet und drei Viertel des Grundstücks hatte er zu einem liebevoll dekorierten Blumen- und Gemüsegarten umgewandelt.


Das Grundstück gehört(e) dem Architekten Manfred Scheuerer; dieser wollte 2001 ein Hochgebäude errichten. Die Baugenehmigung ist später verfallen und im März fand eine Zwangsversteigerung statt. Kurz vorher erstattete der Architekt eine Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch gegen den obdachlosen Künstler. Dieser lebt und wirkt dort nämlich ohne Genehmigung des Grundstücksinhabers. Seit zwei Jahren hielt er dort den Stadtgraben sauber - soll heißen, er entsorgt den Müll, den die Bürger runter werfen, und räumte nach und nach den Bauschutt weg. Aus den Ziegelsteinen formte er ein Herz, das als Blumenbeet dient, und Blickfang für die Passanten ist. Von Stadtverwaltung und Eigentümer war Amaro Ameise bis zur Zwangsversteigerung unbehelligt geblieben.
Einem Foto auf dem Studentenblog "studinights.com" entnehme ich, dass das Gelände im März zwar vom Bauschutt befreit, aber damals noch kaum begrünt war.

http://www.studinights.com/2008/03/20/regensburger-burggrabengartner/

Amaro legte aus Ziegelsteinen Sprüche, bemalt auch mal mit bunter Kreide das Trottoir und legte zur Freude der Passanten einen Herzchengarten an (Quelle: Regensburger Wochenblatt vom 11. März 2008; http://www.regensburg-digital.de/?p=647)

Kurz darauf vermeldete das Wochenblatt, Amaro habe mit seiner Arbeit Freunde gewonnen Ein Universitäts-Professor für Strafrecht und Kriminologie, hatte von dem Strafverfahren wegen Hausfriedensbruch erfahren und hatte dem Guerilla-Gärtner kurzerhand seine Karte in den Stadtgraben geworfen. Kurz darauf hat er offiziell die Verteidigung des Angeklagten übernommen

http://www.regensburg-digital.de/?p=664
Ein paar Tage später, Mitte März, fand die Zwangsversteigerung statt. Von Architekt Manfred Scheuerer ging das Grundstück an den Motorradfahrer Norman Kronseder.

Quelle: http://www.regensburg-digital.de/?p=675

Ach ja, die diesjährige Juli-Ausgabe des "Donaustrudl" war restlos ausverkauft. Dort befand sich nämlich nicht nur ein Beitrag ÜBER Amaro, sondern auch ein schön geschriebenes Essay von Amaro selbst. Thema war dabei nicht der Garten, sondern Lebensphilosophisches.

http://www.donaustrudl.de/index2.php?page=archiv&content=list&year=08















Amaro Ameise unterhält sich mit Passanten

Der Ort des Geschehens hat ständige Beobachter

Typische für Amaro Ameise: Herzformen







Zu Ostern 2009 schrieb ich im Regensburger Tagebuch:
Unglaublich, was er inzwischen aus der ehemaligen Bauschuttruine am Peterstor gemacht hat, Amaro Ameise, Regensburg beliebtester Gärtner und Gartenbesetzer. Ich muss gestehen - nach dem Herbst letzten Jahres glaubte ich, dass der Hype um das Amaroland vorbei ist und das Ganze nur eine schöne Phase war. Aber was ich da in den letzten Tagen erblickte, war schon umwerfend. Alle Steine und Brocken sind mittlerweile weg, fast die ganze Fläche bestellt, die Beete top gepflegt und überall sprießt das Gemüse.

Amaro Ameise, gut gelaunt,  ist voll in Aktion und pflanzt in traditioneller Weise seine Pflanzen in Herzform an oder gibt ihnen Schriftzüge oder Bilder. Vieles sieht man erst beim zweiten Hinsehen, oder, wie es mir ging, erst als mich Amaro darauf aufmerksam machte. Die "Spinatspinne" z.B., der Schlumpfkopf, den er aber bei der Mundpartie noch reparieren will, Herzen und Smileys und einzelne Schriftzüge wie zum Beispiel  "Amaroland" an der Südflanke.

Aus gestiftetem Material hat er den Brückebogen mit einer Häuschen-Fassade veredelt, so dass er dahinter vom Wetter geschützt ist.
Das Grundstück ist übrigens mittlerweile endgültig versteigert worden, und zwar bereits im Januar 2009. Die beiden Versteigerungen in 2008 sind bekanntlicherweise jeweils nachträglich "geplatzt" - was aber nichts mit unserem Gärtner zu tun hat. Die dem bisherigen Besitzer erteilte, schon etwas zurückliegende Genehmigung für das Hochhaus ist mittlerweile verfallen und aus Denkmalschutzgründen ist eine neue Genehmigung nicht mehr denkbar.


Die Erwerber wussten dies auch. Die beauftragte Immobilienverwaltung nicht - die von der Verwaltung angereisten Damen waren ganz überrascht, kein Hochhaus, sondern einen Tiefgarten vorzufinden. Aber Probleme hätte es keine gegeben, erzählte Amaro. Und solange er die Mauern außen 'rum nicht antastet, hat er auch bei der Stadt keine Schwierigkeiten.























Am 03.08.2009 schrieb ich:


Neues von Amaro Ameise - Videobeitrag des Campus-TV "Betonglotz"
Ich habe soeben auf youtube ein Video, genauer einen Filmbeitrag, über Amaro Ameise entdeckt. Der Campus-TV-Sender "Betonglotz" hat ihm einen Sendebeitrag gewidmet. Ich versuche mal, das Video hier direkt einzubinden. Wenn Sie es nicht sehen, könnte es an einem fehlenden Plugin für Ihren Browser liegen. Dann habe ich folgenden Link zu youtube für Sie: http://www.youtube.com/watch?v=hcLUdKwmDVk

Am 19.08.2009 schien sich Amaro Ameise zu verabschieden.

Ich schrieb damals im Regensburger Tagebuch ((http://www.regensburger-tagebuch.de/2009/08/amaro-ameise-verabschiedet-sich.html):

Amaro Ameise verabschiedet sich

Regensburg am 19.08.2009: in Straßenkreide auf den Fußweg der Burggraben-Brücke geschrieben erklärt  der Regensburger Burggraben-Gärtner Amarao Ameise seine Arbeit für fertig.

Amaro Ameise verabschiedet sich mit Kreide auf der Mauer


Amaro Ameise "besetzte" vor 4 Jahren den  Regensburger Burggraben, der ein historisches Element Regensburgs ist und mittlerweile unter Denkmalschutz steht.

Seitdem hat er den Graben Quadratmeter für Quadratmeter von Bauschutt und Sperrmüll befreit, den Boden bestellte und auf sympathische und fantasievolle Weise bepflanzt. Zwischendurch gab es  Schwätzchen mit den Passanten oben auf der Brücke. Durch seine Aktion wurde er überregional bekannt - bis hin zum japanischen Fernsehen interessierten sich die Medien für ihn.



Der Hintergrund: das Grundstück war in Privatbesitz eines Architekten, der dort ein Hochhaus errichten wollte und bereits eine Genehmigung dafür hatte. Wegen finanzieller Schwierigkeiten verzögerte sich die Umsetzung. Vor einem Jahr war die Genehmigung verfallen, schon in der Zeit davor bahnte sich die Insolvenz des Besitzers an. Dieser wiederum versuchte mit einer Räumungsklage den Gartenkünstler zu vertreiben, damit der Verkauf nicht erschwert wird.

Das verwahrloste Grundstück wurde Ende des letzten Jahres zum ersten mal versteigert; der Bieter zog sich jedoch zurück. Es kam zu einer zweiten, diesmal erfolgreichen, Versteigerung in diesem Jahr. Die neuen Besitzer schienen dem Guerilla-Gärtner wohlgesonnen zu sein. So wie mir Amaro vor einiger Zeit erzählte, seien zwei Damen der Hausverwaltung (ich glaube aus Frankfurt) da gewesen und hätten sich das Grundstück angesehen. Von konkreten Plänen wurde nichts gesagt und er erhielt auch keine Aufforderung, das Grundstück zu verlassen.

Amaro, der inzwischen schon einen Briefkasten unterhielt und von den Bürgern sowohl mit Sachspenden (Blumensamen etc) und Zuspruch unterstützt wurde, werkelte sich weiter durch das Gelände. In den letzten Tagen fand ich nun eine Erklärung von ihm, in Straßenkreide auf dem Gehweg der Brücke geschrieben (keine "Inschrift" sondern eine "Aufschrift" und damit wie alles andere auch der Vergänglichkeit unterworfen).  Es ist ein Glück, dass ich die Erklärung noch rechtzeitig entdeckte und fotografierte, inzwischen (25. August) ist die Schrift kaum mehr lesbar. Leider hatte ich noch eine unglückliche ISO-Einstellung, die ich für Innenaufnahme in einem Kloster benötigte, so dass die Bilder etwas verrauscht sind.

Hier ist die Erklärung im Wortlaut:



Ich bin fertig !
Die Fragestellung war folgende:

1. Wie verhindere ich das Installieren einer Bausünde (Beton)?
2. Wie reinige ich das Grunstück von jeglichem Müll?
3. Wie verhindere ich, dass der Platz weiterhin vermüllt wird?
4. Wie erzeuge ich einen schöneren Anblick?



Die Antwort hat fast vier Jahre gedauert.


amaro ameise





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Aktivitäten in 2011

Im Jahre 2011 traf ich ihn beim Aufräumen auf der Jahninsel. Hier erst erfuhr ich die Hintergründe für seine Aktivitäten und ein wenig von seinen früheren Aktionen.

Ich schrieb damals eine sehr ausführliche Reportage über Amaro Ameise, aber auch über seine Philosophie
(http://www.regensburger-tagebuch.de/2011/06/amaro-ameise-da-steckt-mehr-dahinter.html):

Amaro Ameise - da steckt mehr dahinter!

Amaro Ameise und der Regensburger Stadtgraben am Petersweg - ein Geschichte, die 2006 begann. Damals ergriff er die Initiative, räumte in monatelanger Arbeit systematisch die wilde Müllhalde in diesem Stück ehemaligen Stadtgrabens auf, in die Passanten (und nachts die Betrunkenen) Unrat warfen. Am Ende bearbeite er den Boden und bepflanzte ihn. Die Stadt duldete ihn wohlwollend und er versprach, die denkmalgeschützten Mauerreste  in Ruhe zu lassen.
Nun musste er raus, denn die aktuellen Eigentümer wollen bauen. Die Stadt forderte ihn deshalb auf, den Garten zum 31. Mai 2011 zu räumen (vgl. MZ-Artikel vom 31.Mai, ferner der wesentlich ausführlichere Artikel in regensburg-digital.de).

Ist er nun raus oder nicht?

Ist er nun raus oder nicht, höre ich die Leute fragen? Ja, er ist. Aber er ist noch in Regensburg und ist noch aktiv.  Ich traf ihn beim Aufräumen auf der Jahninselspitze, unterhalb des Grieser Stegs, und unterhielt mich mit ihm.
Yorki fetzte inzwischen auf der Wiese herum. Was hier durchaus von Bedeutung ist, denn: normalerweise muss ich aufpassen, dass er sich nicht eine der vielen Glassplitter in die Pfoten tritt, die von feiernden Leuten stammen, oder Essensreste anknabbert, die die Picknick-Gäste hinterlassen. Aber diesmal konnte ich unbesorgt sein. Amaro hatte in den letzten beiden Tagen bis zu diesem Abend die gesamte Inselspitze gesäubert.
Glassplitter, Essensreste, und vor allem: tausende von Zigarettenstummeln. er hat sie alle aufgesammelt und weggebracht. Wohin, wird nicht verraten - ich habe ihm jedenfalls gebeten, den Kippenberg vorläufig aufzuheben, vielleicht gibt es Jugendliche, die daraus ein demonstratives Projekt machen (z.B. mit Sprühkleber die Kippen in eine Grafik umwandeln?, oder die Kippen in einer Glasröhre an einem öffentlichen Platz aufstellen?)

Was viele nicht wissen: Weder Regensburg als Stadt, noch der "Garten" im Stadtgraben war durchaus nicht Amaros einziger Betätigungsbereich. Und es war auch nicht sein Domizil, wenn, dann nur provisorisch und tageweise.

Sein Ziel schildert er selbst auf der Seite amaro.voll.in :




Können Sie es auch nicht sehen, wenn um sie herum alles vermüllt und zubetoniert wird?


Ich auch nicht.


Deshalb greife ich ein, wo es nötig wird.


Ich reinige vermüllte Schandflecken und versuche, sie in meinem Sinne zu verschönern.


Dazu gehören nicht nur Grünflächen, sondern auch Straßen, Plätze und Wege.


Wenn sie also meine Internetadresse irgendwo lesen, war ich schon da.


Ich hoffe, es freut Sie, wenn es ein wenig sauberer und schöner auf unserem Planeten wird.




So erzählte er mir, dass er in tagelanger Arbeit einen vermüllten und rattenübersäten Bereich im Park zwischen Bahnhof und Stobäusplatz auf Vordermann brachte. Der zum Teil von von Obdachlosen stammende Müllberg war dort schon ein Rattenausflugsziel.

Er erzählte mir ferner von der Aktion in der Thundorfer Straße, vor ein paar Jahren, als dort sich Obdachlose in dem ausgebrannten Haus einnisteten. Dort war der Müllberg so hoch, dass die Ratten nachts über die Schlafenden liefen. Mit dem Müll hätte er wohl einen 10-Tonner laden können, lachte er.

Manchmal weiß er nicht mehr wohin, dann kann es schon sein, dass er demonstrativ eine kleine Müllinstallation an der Bushhaltestelle aufstellt, was ihm nicht unbedingt Freunde bei der Stadtreinigung oder Stadtverwaltung brachte.


Wer ist schneller?


Sein eigentlicher Name ist Markus Frowein. Den Namen Amaro gab ihm seine Freundin, die ihn, in allem was er tut, moralisch unterstützt und zur Seite steht. Ihretwegen ist er die meiste Zeit in Regensburg. Aber gelegentlich macht er Ausflüge oder Aktionen im restlichen Land. Er erzählte mir von einer Aktion in Rheinland-Westfalen, wo es sich einbürgerte, dass in einem Naturschutzgebiet jeweils am 1. Mai wilde Parties gefeiert wurden. Dies uferte aus, bis es ein paar Tausend waren. Erst in den letzten beiden Jahren versucht die Polizei, das zu unterbinden.

Jedenfalls geschah es vor ein paar Jahren, dass er merkte, dass die Feiernden zunehmend zu viel Müll zurückließen. Und so wollte er wissen, ob er die Feiernden "überholen kann", erzählte er lachend. Während die Gruppen um die Lagerfeuer saßen, räumte er die ganze Nacht hindurch um sie herum auf, bekam dabei Unterstützung und Einladungen von den Feiernden. Als am Morgen die Waldarbeiter kamen, fielen ihnen die Kinnladen herunter: alles was blitzblank aufgeräumt. Er hatte es geschafft.


Was können wir von Amaro Ameise lernen?


"Manch einer mag ihn als einen modernen Don Quijote betrachten, der vergebens gegen Windmühlen kämpft", formulierte Christiane Suckert  in einem Artikel in suite101.de. Abgesehen davon, dass ihn das nicht beirrt, sollten wir Regensburger Bürger bei dieser Gelegenheit unsere Einstellung hinterfragen.

Nehmen wir Amaro Ameise nur so als Kuriosum wahr? Als Touristenattraktion? Oder überlegen wir uns vielleicht mal, ob seine Tätigkeit nicht eine Botschaft enthält, die uns alle betrifft: nicht so gedankenlos mit Müll umzugehen, und nicht wegzusehen, wenn Mitbürger gedankenlos ihren Müll hinterlassen.

Das wird vor allem diejenigen interessieren, die öfters mal auf der Jahninsel oder an den Donauufern spazieren gehen. Ich gehöre dazu, ebenso viele Hundebesitzer, die auf der Wöhrdinsel regelmäßig spazieren gehen. Wir pflegen schon seit Jahren einen stillschweigenden Aufräumdienst, weil die Gruppen, die in den lauen Sommerabenden am Donauufer grillen oder feiern, Müll hinterlassen. Die städtischen Angestellten kommen hier nicht mehr mit.

Mein Hauptaugenmerk waren die vielen Glassplitter, z.B. am "Beschlächt", unter der Steinernen Brücke und auch in den Wiesen. Dass aber auch Zigarettenkippen zu dem Müll gehören, den Feiernde mit nach Hause nehmen sollten, wurde mir erst im Gespräch mit Amaro Ameise bewusst. Eine Kippe verunreinigt so und so viel Liter Wasser, erzählte er mir, ich weiß leider die Zahl nicht mehr. Aber die war erschreckend.


Manchmal wird man geschubst, nicht immer nur gelobt


Er schimpft nicht, spricht Leute nicht an, predigt nicht groß, sondern räumt einfach auf.  Da räumt er um die Obdachlosen herum alles auf, ohne zu predigen. Diese lernen von alleine dazu und halten ihren Platz ein bisschen cleaner. Lustig die Geschichte von den Obdachlosen in der thundorfer Straße, die am Ende, als Amaro noch einen gebrauchten Teppich organisiert und ausgelegt hatte, verdattert in dem aufgeräumten Raum saßen und nicht wussten, wie ihnen geschah.

Ich korrigiere -  gelegentlich sendet er dezente Botschaften aus.  Zum Beispiel als er vor einem Regensburger Lokal mit Kreide die Bitte äußerte, sich um die Zigarettenkippen Gedanken zu machen. Da waren die Betreiber mächtig sauer. Bei solchen Gelegenheit wird er dann schon mal "herumgeschubst".

Er erzählte auch von den Betrunkenen, die nachts im Bereich des Stadtgrabens herumtollen. Diese warfen früher alles mögliche in den Graben, auch schonmal komplette Parkbänke. Einmal warfen sie mit Bierflaschen nach ihm, als er sich im Garten aufhielt.

Ein anderer tanzte betrunken auf dem Geländer herum, verlor das Gleichgewicht und fiel in den Graben. Das war dann noch ganz lustig, denn er fiel mit den Beinen voran in ein  frisch umgegrabenes Blumenbeet und steckte dann bis zu den Schienbeinen in der lockeren Erde - mit minimalen Verletzungen, wie der Kumpel des Unglücksraben später erzählte.


Das Verhältnis zu den Behörden


Das Verhältnis zu öffentlichen Mitarbeitern, die die Hintergründe nicht kannten, war anfangs gespannt. Er erzählte von dem wilden betonierten Müll-Loch unter der Protzenweiher Brücke in Steinweg - ein Hygiene-Desaster und Rattenparadies. Den Müll musste er an einer Bushhaltestelle in der Nähe des bunten Hauses zwischenlagern, wo ihn ein Passant sah, der wiederum die Polizei anrief. Diese zwang ihn, den Müll wieder in das Beton-Loch zu versenken.

Inzwischen ist er bei den Beamten der Stadt akzeptiert. Auch die Straßenkehrer, deren Behältnisse er gelegentlich überbeanspruchen muss, wenn er größere Mengen entledigen muss. Lediglich einige Leute vom Stadtgartenamt seien noch etwas pikiert, weil sie sich von ihm vorgeführt fühlen. Aber das ist nicht seine Absicht. Denn wir Bürger sind es, die ohne nachzudenken soviel Müll produzieren, dass die Beamten nicht mehr mitkommen. Und er opfert seine Freizeit, um hier zu helfen.

Als Beispiel nahm er wieder die Jahninsel, auf der wir uns gerade befanden. Zwar gehen regelmäßig Beamte durch, um dort und an anderen Donauufern aufzuräumen. Aber die können nur das Notwendigste schaffen. An der Südspitze, wo wir uns befanden, seien Tage zuvor sechs Beamte gesehen worden, erzählt man, aber die Wiese war natürlich immer noch von wildem Müll und vor allem mit Zigarettenkippen übersät. Er benötigte zwei komplette Tage für die "Endreinigung" der Südspitze.


Interessante Gesetzmäßigkeiten beim wilden Müll


Wie wilder Müll entsteht, darüber hat sich wahrscheinlich noch kein Soziologe Gedanken gemacht. Dabei gibt es interessante Gesetzmäßigkeiten, auf die mich Amaro Ameise aufmerksam machte. Die Zeitabstände, binnen derer sich nach einem aufgeräumten Platz wieder Müll bildet erhöhen sich nach einem bestimmten Muster. Vereinfacht ausgedrückt: merken die Müllverursacher (sei es nun Passanten allgemein oder spezielle Personen), dass aufgeräumt ist, dann halten sie den Platz selber sauber, lassen also nicht so viel liegen. Vorgänge, die unbewusst ablaufen, aber nachvollziehbar sind. Es gibt weitere Gesetzmäßigkeiten, die ich aber nicht mehr replizieren kann.


Aber das gibt Anlass, sich Gedanken zu machen. Auch diejenigen, die sowieso schon ihren Müll in die Abfallkörbe werfen, sich also schon korrekt verhalten. Denn vielleicht können wir zusätzlich als stille Vorbilder auftreten, indem wir ab und zu einen fremden "Abfall" (sofern hygienisch vertretbar) aufheben und in den nächst gelegenen Abfalleimer werfen. Nicht demonstrativ, wenn wir jemand was wegwerfen sehen, sondern einfach so, zwischendurch. Im Wissen, dass andere dies unbewusst wahrnehmen, und sich das positiv auswirkt.

Ich persönlich wäre jedenfalls überglücklich, wenn Passanten herumliegende Glassplitter entfernen, auch wenn sie nicht von ihnen stammen (Amaro Ameise als Vorbild nehmend) - mein Hund Yorki und viele andere Tiere würden es danken. Denn wie oft hat Yorki entzündete Pfoten, die durch kaum sichtbare Splitter verursacht werden. Und nur an diejenigen zu appellieren, die das verursachen, hilft den Hunden hier nicht weiter.
Fazit: Amaro Ameise - da steckt mehr dahinter.


Im Februar 2013 traf ich ihn zufällig im Schneetreiben:


Amaro Ameise sucht Arbeit. Ich traf ihn gestern bei einem Spaziergang, als er neben seinem früheren Graben-Domizil einen Abschnitt des Gehwegs räumte. Zum Abschluss wollte er dann durch Aushang an dieser Stelle seine Arbeitskraft anbieten. Ich hatte versprochen, ihn zu unterstützen, was ich hiermit tue.

aus: Schneeschipper gesucht? (08.01.2013)
http://www.regensburger-tagebuch.de/2013/01/schneeschipper-gesucht.html
 




Amaro Ameise beim freiwilligen Schneeräumen des öffentlichen Gehwegs im Februar 2013:



Amaro Ameise beim freiwilligen Schneeräumen im Februar 2013




Im August 2014 begannen übrigens die Bauarbeiten im Peterstorgraben:



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