Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Samstag, 16. April 2016

Letzte Gelegenheit für Kunstinteressierte: Essl-Museum Wien schließt bald



Essl Museum, Klosterneuburg bei Wien. Foto: P. Burkes, 2015


Diese Meldung geistert durch die österreichischen Medien:

Mit 1. Juli 2016 schließt das private Essl Museum nach fast 17 Jahren den Ausstellungsbetrieb.
Über das Museum berichtete ich bereits, da mein Sohn und dessen Freundin dort ein Kunstprojekt durchführten.


 Karlheinz Essl, 2015, bei einer Sonderausstellung über Aborigines Art. Foto: P.Burkes

Mit der Schließung des Ausstellungsbetriebs endet (weitgehend) eine sehr spannende Geschichte um die Kunstmuseum des Ehepaars Essl, das seit 50 Jahren österreichische Kunst sammelt, und das mit dem privaten, unabhängigen Kunstmuseum im malerischen Norden von Wien international bekannt wurde.
"Die Familie Essl hat den Bau des Essl Museums und alle laufenden Kosten für Betrieb und Ausstellungen 17 Jahre lang aus eigenen Mitteln finanziert  Dies ist nun leider nicht mehr möglich", begründete Karlheinz Essl die mit Juli angekündigte Schließung des Hauses
 Wegen des Zusammenbruchs einer Baumarktkette, die Herrn Essl gehörte, geriet vor ein paar Jahren auch die Sammlung in Gefahr, die das Ehepaar 50 Jahre lang aufgebaut hatte. Ein Mäzen war 2014 eingesprungen, hatte investiert, und der Betrieb ging auf Stiftungs-Basis weiter.  Allerdings war noch nötig, dass sich Bund und Land an der Finanzierung beteiligen - das Land wollte, der Bund nicht. Also kündigte Herr Essl vor kurzem die Schließung des Ausstellungsbetriebs an.


So heißt es in der  PM, die man auf der Webseite des Muesums abrufen kann:
"Bis zum 30. Juni werden die Ausstellungen Rendezvous und Body & Soul mit bedeutenden Werken aus der Sammlung Essl zu sehen sein. Am 4. Mai eröffnet die letzte Ausstellung im Essl Museum, die ebenfalls bis 30. Juni läuft."
 Außerdem gebe es ein Finale mit "Open Days":
 Das Essl Museum verabschiedet sich mit einem großen Finale mit drei Ausstellungen, zahlreichen Kunstvermittlungsangeboten, Konzerten und Lesungen von den BesucherInnen. Das Museum ist noch bis 30. Juni zu den bisher bekannten Zeiten (Dienstag bis Sonntag: 10-18 Uhr, Mittwoch 10 bis 21 Uhr, freier Eintritt ab 18 Uhr) geöffnet.

Von 24. bis 30. Juni finden die Open Days bei freiem Eintritt statt (täglich von 10 bis 18 Uhr, auch am Montag, 27.06.)
Das Museum wird danach aber nicht völlig geschlossen - eingestellt wird eigentlich nur der Ausstellungsbetrieb.

Denn: das Essl-Museum ist sowohl Depot als auch Ausstellungsstätte.
  •  Im Depot  die private Sammlung der Stiftung Essl. Die Kunstwerke können ausgeliehen werden.
  • Daneben gibt es 3500 qm Ausstellungsfläche für aktuelle Ausstellungen aller Art. 
Die Ausstellungen bilden  aber zugegebenermaßen das Kernelement des Museumsprojekts, denn das Ehepaar Esser wollte stets eines: die gesammelt österreichische Kunst sichtbar und für die Menschen zugänglich zu machen.
 "Wir haben die Kunstwerke nie als unseren Besitz betrachtet. Die Kunst gehört allen Menschen." Zitat Essl



 
Der Ausstellungsbetrieb wird am 30.06.2016 enden. Der Ausstellungsbetrieb wird am 30.06.2016 enden. So lange (! Anm. d. Red.) dauern die zwei aktuellen Ausstellungen sowie die im Mai hinzukommende dritte.

Die Ausstellungen sind durchaus interessant, und ich habe sie hier zusammengestellt:

"eSeL" hat übrigens nichts mit Essl zu tun, sondern ist der Künstlername von Lorenz Seidler, ein  Wiener Kunstnetzwerker, Wissensproduzent und Künstler.





 
Ab dem 1.Juli 2016 gibt es nur noch das Depot. Die 3500 qm Ausstellungsfläche verwaisen, wenn nicht eine andere Verwendung gefunden wird. Gut 75 Mitarbeiter verlieren ihren Job.

Etwas Hintergründe findet man in folgenden Berichten, deren Links ich hier zusammen getragen habe (alle weiteren Meldungen, die nur die Pressemitteilung wiederholen, habe ich weg gelassen)

Siehe ferner meine älteren Artikel hier im Regensburger Tagebuch


Karlheinz Essl, vor der Vitrine, die Anna Graf und Fabian Burkes kuratiert hatten
 
Ich will mit diesem Beitrag aber gar nicht so sehr über die Schließung und die typischen Entwicklungen im Kunstmuseumsbereich eingehen, denn das wäre der falsche Ort.  Sondern ich will  meine Leser auf die drei Ausstellungen hinweisen, und natürlich auf die Open-Days.Verbinden Sie das doch mit einem netten Ausflug nach Wien.

Tipps:

Wenn Sie mit dem Auto fahren: Beim Museum finden Sie genug Parkplätze, wenn Sie aber auch Wien ansehen wollen und dabei auch übernachten wollen: Vergessen Sie es. Praktisch die ganze Stadt ist gebührenpflichtig. Fahren Sie lieber mit dem Bus (Flixbus/Fernbus wäre meine Wahl, ich bin schon für 19 Euro nach Wien gefahren).



Im Hintergrund leuchtet das Kloster Neuburg in der Mittagssonne






Der Verbindungsraum zur Aboriginal-Ausstellung (dahinter)



Innenhof des Essl-Museums


Hauptausstellungsräume im EG, derzeitige Ausstellung: Deutsche Kunst nach 1960








Gespräch mit dem Leiter der Kunstvermittlung, ein sehr kompetenter und freundlicher Mensch. Ob er sein Arbeitsplatz betroffen sein wird? Wohl ja.


 In der Nähe des Museums gibt es - neben malerischer Landschaft - viele schöne Winzerlokale (die man sich besser so vorstellt wie Biergärten bei uns) und sonstige Gaststätten.

http://www.regensburger-tagebuch.de/2015/07/nachtrag-wien-besuch.html


Zum Museum selbst:

Die Sammlung Essl ist eine von dem österreichischen Unternehmer Karlheinz Essl senior (* 1939) und seiner Frau Agnes zusammengetragene Sammlung mit Werken der zeitgenössischen Kunst. Das in Klosterneuburg bei Wien eigens dafür errichtete und am 5. November 1999 eröffnete Essl Museum entwarf der Architekt Heinz Tesar. Die Privatsammlung ist mit fast 7.000 Werken (Stand Februar 2011) eine der größten Österreichs. Sie umfasst  Kunstwerke des 20. und des beginnenden 21. Jahrhunderts