Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Montag, 23. April 2018

Neuer Bauplatz Amberger Straße und meine Lehrzeit in den 70ern

Gähnende Leere an der Kurve Amberger Straße 54. Im Februar und März wurden Gebäude abgerissen und das Gelände eingeebnet. Was dort gebaut werden soll, weiß ich nicht.

Aber das Grundstück, an dem ich täglich vorbeifahre, weckt persönliche Erinnerungen. Denn dort befand sich Anfang der Siebziger Jahre meine Lehrfirma, die "Vertrieb Neuer Baustoffe GmbH", wo ich meinen Groß- und Einzelhandelskaufmann machte. Das war lange vor dem Studium.





29.03.2018, die Abrissarbeiten sind abgeschlossen.





Foto vom 15.02.2018



Die Lehre begann ich 1973; damals befand sich die Lehrfirma noch in der Amberger Straße. Ich hatte schon in den Jahren davor gelegentlich als Ferienjob im Büro mithelfen dürfen. Es gab ein kleines Bürohäuschen, auf dem google-Earth-Bild markiert, ferner eine Eternit-Zuschnitthalle im hinteren Bereich und eine normale Lagerhalle zur Straße hin. In der Lagerhalle befanden sich vor allem Dachpappe und - auf Kommission - die Dachfenster aller wichtigen Hersteller, also Blefa, Velux und Roto. Die Firma war auf Baustoffe für Dach und Fasse spezialisiert. Zusammen mit der Enternit-Vertretung und einem Eternit-Zuschnitt hatte der junge Inhaber, Karl-Heinz Hirdina, einen beachtlichen unternehmerischen Erfolg. Alle großen und kleinen Baustoffhändler und Baufirmen kauften bei uns. Natürlich auch kleine Handwerker oder Privatleute, die eine Eternit-Fensterbank zuschneiden ließen.




Der Eternit-Handel und Zuschnitt wurde bald darauf aufgegeben, denn in den ersten Jahren der 70er hatte sich endgültig herausgestellt, wie gefährlich Asbest ist. Der Schneidemeister starb Jahre später dann auch tatsächlich an Lungenkrebs. Die Zuschnitthalle war extrem laut und unangenehm staubig, wir vermieden es, dort hinzugehen.

Während der Lehre zogen wir um in die Donaustaufer Straße 170. Dort gab es, gegenüber dem heutigen Gewerbepark, die leerstehenden Gebäude der ehemaligen Lederfabrik, ein riesiges Gelände, das nach und nach untervermietet oder bebaut wurde. Wir hatten dort ein - soweit erinnerlich neues - Lagergebäude, wo auch ein Büro eingerichtet wurde.


Das Gebäude hinten dürfte noch das Gebäude sein, das wir mitte der 70er Jahre mit der VNB bezogen. Zumindest steht es an dieser Stelle und sieht genauso aus.

Aber bis das Büro stand, mussten wir zwischenzeitlich für die Verwaltung ein kleines Häuschen benutzen, das hundert Meter weiter westlich stand, wahrscheinlich ein ehemaliges Pförtnerhäuschen, dort wo die Zufahrt für das ganze Gelände war.  Dieses Häuschen steht noch:



Die Atmosphäre im Betrieb war angenehm und familiär, die Kollegen sehr angenehm.

Nicht lange, nachdem ich die Lehre abgeschlossen und die Firma verlassen hatte, starb der Inhaber an einem Herzinfarkt. Da war er Anfang Vierzig, also unglaublich jung. Das war für uns alle ein Schock - mein Lehrherr war in jeder Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung - nicht nur jung und erfolgreich, sondern auch sympathisch, und zudem sozial engagiert (unter anderem bzw. vor allem bei der Wasserwacht Regensburg). Die Hintergründe, was also möglicherweise den Herzinfarkt ausgelöst hat, waren noch tragischer, aber darüber möchte ich hier nicht reden.  Bekannte und ich sprechen bis heute immer wieder mal über die Vorgänge und über die Schicksale der übrigen Familienmitglieder oder Kollegen.

Es gibt noch einen weiteren Grund, warum die Zeit bei VNB prägend für mich war: ich lernte damals als Mit-Lehrling den heute als freien Journalist tätigen Ralf Strasser kennen. Wir waren auch privat ständig zusammen. Und er war es, der mit mit dem Hobby des Fotografierens ansteckte.

Ich besorgte mir eine eigene Spiegelreflex, ich machte mit ihm Dunkelkammerkurse und andere Fotokurse, wir abonnierten und tauschten Magazin über Fotokunst (die übrigens damals ganz überwiegend schwarz-weiße Bilder druckten, weil  diese künstlerisch ansprechender wirkten).

Allerdings war das Fotografieren für mich stets nur ein ganz privates Hobby, niemals dachte ich  daran, solche Bilder zu zeigen. Dazu fehlte jegliche Plattform. Nur wer sich beruflich auf das Fotografieren einlässt hatte eine Chance, sich mit Fotos einen Namen zu machen. Ich habe dann beim Studium und während der Berufstätigkeit nur noch selten fotografiert, ohne künstlerische Absicht, hauptsächlich, um Momente zu dokumentieren.

Erst mit Yorki und der Einrichtung dieses Magazins kam ich wieder zum "echten" und anspruchsvollen  Fotografieren.