Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Samstag, 9. Dezember 2023

Dampflok in Regensburg - Nikolausfahrt der BR 52-8195

 Dampflok zu Besuch in Regensburg; 9. Dez 2023

Seit 1835 fuhren sie durch Deutschland: die dampfbetriebenen Lokomotiven. Im Jahre 1977 wurden die restlichen  Dampfloks in Deutschland ausgemustert. Es gab danach sogar ein Verbot. Das wurde 1985 zum 150jährigen Jubiläum der Bahn wieder beseitigt, so dass Museen und Verein seitdem Sonderfahrten mit Dampfloks durchführen können. 

Am 3. Dezember war sie das erster mal in Regensburg, am 9. Dezember noch einmal: die Dampflok 52-8195 der Fränkischen Museumseisenbahn. Diese veranstaltet seit 10 Jahren zur Adventszeit üblicherweise Sonderfahrten, so auch dieses Jahr.  Weil im Zug auch Nikolaus und Krampus mit fahren, spricht man von Nikolausfahrten. 

Die erste Fahrt konnte ich nicht beobachten - da hatte ich zu arbeiten. Aber am 9. Dezember marschierte ich mit Familie und Enkel zum Bahnhof. Letzterer ist kurz vor dem Bahnhof eingeschlafen und hat das Schönste verpasst.

Die Lokomotive ist eine sehr häufig verwendete Dampflok aus der Baureihe 52, die in Kriegszeiten mit vermindertem Materialeinsatz gebaut wurden. Nach dem Krieg wurden viele von ihnen wieder "zurückgebaut" bzw. aufgerüstet. So erhielt sie einen zweiten Sandbehälter, einen neuen Kessel und weitere Neuerungen. Aufgrund dieser Rekonstruktionen spricht man "Reko-Loks", erkennbar an der Zusatznummer, die bei 8x beginnt. Diese Lok hat die Nummer 52-8195. 























Die von Nürnberg-Amberg-Schwandorf angereiste Lok kam von Osten her zum Bahnhof. Die Lokomotive wird hier gerade abgekoppelt und fährt dann vorwärts, über Weichen auf ein anderes Gleis, dann rückwärts zum Gleisdreieck im Stadtosten (zwischen ehemaliger Zuckerfabrik und Dieselstraße), dann wieder vorwärts nach Norden, wieder rückwärts Richtung Bahnhof. Dort dockt sie an das andere Ende des Zugs an und steht jetzt in Vorwärtsrichtung da, um wieder zurück nach Schwandorf-Amberg-Nürnberg fahren zu können. Wobei diese Lok auch rückwärts genauso schnell fahren könnte wie vorwärts. 

Ein kurzes Handy-Video davon, wie die Lok hier losfährt, habe ich hier auf youtube hochgeladen: https://youtu.be/KM5XwKrN5CU



Die Dampflok macht sich für das Wendemanöver fertig


Dieses System der "Wende" über ein Gleisdreieck (mangels Drehscheibe) habe ich vor Jahren dokumentiert, als ich mit Bekannten auf den Erdhügeln im Gleisdreieck stand und die schnellste Dampflok der Welt, die damals zu Besuch in Regensburg war, bei dem Manöver filmte: https://www.regensburger-tagebuch.de/2018/02/die-schnellste-dampflok-der-welt-zu.html




Der Sandbehälter:

Die zwei rechteckigen Kästen auf der Oberseite des Kessels enthalten Sand. Man nennt sie "Sandstreuer". Rohre gehen runter zu den Rädern, manchmal vor, manchmal nach dem Rad (für Rückwärtsfahrten). Mit Druckluft wird der Sand auf die Schienen geblasen, wenn die Schienen rutschig sind. Dieses Prinzip von Sandstreuern ist uralt und wird bis heute verwendet - auch beim ICE. Natürlich sind die Behälter nicht mehr oben, wo früher die Kesselwärme für die Trockung sorgte, sondern sind beheizbare Behälter irgendwo innerhalb der Lok.





Der Dampfdom

Die Erhöhung zwischen den Sandbehältern ist der Dampfdom. Hier wird der im Kessel entstandene Dampf abgezweigt, später nochmal erhitzt und irgendwann in die eigentlichen Dampfmaschinen bzw. Dampzylinder geleitet - die Kästen links vorne und rechts vorne.

Auf so gut wie jedem Foto einer Dampflok der letzten hundertsiebzig Jahre finden Sie einen Dampfdom (manchmal auch zwei) und einen Sandbehälter. Dass zwei Sandbehälter verwendet werden, wie hier bei der 52er Reko, ist eher selten.









Die Windleitbleche

Während des Kriegs hat man aus Sparsamkeitsgründen versucht, auf die Bleche rechts und links vorne zu verzichten. Die gingen früher bis ganz runter und mussten stabil und teuer angefertigt werden. Aber das hatte Nachteile. Denn vor der Lok staut sich die Luft, rechts und links vom Kessel entsteht dann ein Unterdruck. Der saugt das Rauch-Dampfgemisch aus der Schornstein nach unten und vernebelt im Führerstand die Sicht. Nach dem Krieg hat man die Bleche wieder eingeführt und dabei entdeckt, dass auch die hier gezeigten kleinen Windleitbleche reichen. Sie führen Luft an die Seiten und verhindern den Unterdruck (gefunden in einem alten Betriebshandbuch der Eisenbahn; Wikipedia hat das nicht so schön erklärt, aber dort gibt es weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Windleitblech)


Die Druckluftbremse

Das, was da die ganze Zeit klackert und zischt, ist (wie ich mittlerweile weiß) die Luftpumpe. Sie sorgt dafür, dass in dem Bremsleitungssystem immer hoher Druck ist. 

Lokomotiven arbeiten mit dem Prinzip, dass voller Druck die Bremsen löst, dagegen ein Druckabfall die Bremsen auslöst. Damit ist sichergestellt, dass ein geplatzer Schlauch oder ein sonstiger Schaden zu einer Zwangsbremsung führt. eine Erfindung von George Westinghouse im Jahre 1869 nach einem schweren Eisenbahnunglück - sie machte die Eisenbahn zu einer der sichersten Fahrzeuge.


Eine "Doppelverbundluftpumpe Bauart Knorr"








Alles über diese Lok (52 8195-1)

https://eisenbahn-museumsfahrzeuge.de/index.php/deutschland/staatsbahnfahrzeuge/dampflokomotiven/baureihe-52-80/52-8195


Handy-Video: https://youtu.be/KM5XwKrN5CU


VA-Hinweis der Museumseisenbahn zur Fahrt am 9.12.2023:

https://www.fraenkische-museumseisenbahn.de/veranstaltungen/2023/09-Regensburg/09-Regensburg.php

https://www.mittelbayerische.de/lokales/stadt-regensburg/in-regensburg-rollen-an-zwei-samstagen-im-advent-dampf-sonderzuege-an-14870313


(Hinweis: diesen im Dezember 2023 begonnenen Bericht habe ich erst im März 2024 fertiggestellt und veröffentlicht)


Apropos:

Im Dezember 2013 hatte ich mal eine vorbeifahrende Dampflok der Baureihe 41 fotografiert. Das war eine der letzten Möglichkeiten, eine Lok von meinem Balkon aus zu knipsen, denn die Lärmschutzwand war schon im Bau (wie man sieht). 

Eine sich nähernde Dampflok erkennt man schon früh am Geräusch. Da bleibt trotzdem nicht viel Zeit: die Kamera suchen und rausfischen, einschalten und einstellen, zum Balkon rennen und hoffen, dass der Zug noch nicht vorbei ist.







Baureihe 41.
Die hier fotografierte 41-1150 gehört dem Eisenbahnmuseum Nördlingen