Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Montag, 19. August 2013

Herzinfarkt, Teil 3

Wie lief der nur der Herzinfarkt konkret bei mir ab?




Naja, so ganz passt das Bild nich zu meinem Fall. Von wegen Jüngling, haha.


Ich hatte darüber  vor einem Jahr schon auf einem anderen Blog berichtet, und erlaube mir, Textteile hier zu wiederholen, und das Ganze zu ergänzen.






Der Herzinfarkt kam hinterrücks. Er kündete sich zwar an, aber anders als erwartet. Nicht mit Brustschmerzen, nein, darauf wäre ich vorbereitet gewesen. Aber wer denkt schon, dass er rückseitig anklopft, mit reinen Rückenschmerzen nämlich. Die letzten paar Wochen schon gelegentliche unerklärliche Rückenschmerzen nach dem Fahrradfahren oder Treppensteigen, die nach 1 Minute vergingen.


Und etwas Kurzatmigkeit beim Treppensteigen, das war auch noch so ein Warnsignal der letzten Wochen. Wenn ich ein Stockwerk bei den Eckert-Schulen geschafft hatte, schnaufte ich wie nach drei Stockwerken. Jaja, mehr Sport, lästerten die anderen Dozenten, wenn ich klagte. Und ich murmelte immer  "trotzdem, irgendwie anders als sonst", sagte aber irgendwann nichts mehr, weil ich mich genierte.


Am Tag "vor dem Tag" hatte ich frei und war mit Yorki unterwegs. Ich dokumentierte die neue Umgehung beim Kalkwerk und machte einen Spaziergang im schönen Park des Gewerbeparks





Am Abend gemeinsames Essen mit der Hausgemeinschaft im Garten. Gelegentlich Schmerzanfälle am Rücken, die wieder vergingen. Der Bauch war prall und ungemütlich, was mir den Appetit vermieste. Ich tippte immer mehr auf Blähungen, denn ich hatte sowieso schon weniger gegessen als sonst.

Klopf, klopf!


Am Samstag war es soweit. Aufwachen um 6 Uhr morgens mit extremen Rückenschmerzen auf Schulterblatthöhe, die nicht aufhören wollten. Schweißausbrüche und Frieren. Gelegentlich ausstrahlende Schmerzen in Kiefer und Oberarme, aber kaum in die Brust.


Wickel und Hausmittelchen gegen die vermuteten Blähungen halfen nicht, und nach 3 Stunden überredete mich eine Nachbarin, den Notarzt zu holen. Dann kam der Trupp, fünf Mann, zwei Notärzte, drei Sanitäter, Malteser und Johanniter gemischt (Sonderkooperation in Regensburg, die teilen sich einen Wagen).

Ab da fühlte ich mich in guten Händen. Wie die gemeinsam agierten und mit mir umgingen, das war perfekt. Besser als in Emergency Room & Co. Nachdem schon die schmerzstillende Infusion zu wirken begann, brachte schon der parallel durchgeführte EKG das Ergebnis.



 Die Ärzte nickten sich zu. Ich dachte IMMER noch, es ist etwas anderes. Ich war IMMER noch sicher, dass das Ganze nichts mit Herzinfarkt zu tun hat. Ich nahm an, das Nicken bedeute: EKG unauffällig, Herz in Ordnung, das ist schon mal ausgeschlossen.

Aber sie sahen mich an und  sagten "Herzinfarkt". Und ich sagte: "Oha".

Ein paar weitere Morphin-Dosen waren notwendig, um die Schmerzen zu beseitigen. Halleluja, ging es mir gut.So gut wie schon lange nicht mehr.  So war ich in bester Stimmung, als wir mit Tatütata durch die Stadt fuhren und ich unterhielt mich launig mit dem Arzt.

Übrigens: die Sanitäter waren in 8 Minuten da, und ich glaube, so schnell ging es auch rauf zur Uniklinik.




Die Abläufe dort waren ebenso beeindruckend, wie der Erstkontakt. . Ich kam in einen großen, halbdunklen Raum auf einen Tisch, links von mir vier Monitore - die ich geflissentlich nicht betrachtete - eine Tür öffnete sich, und mitten in grün-rot leuchtenden Nebelschwaden hinkte eine behörnte Gestalt herein ...

Nein Quatsch, ein ganz hervorragender Arzt kam, ging beruhigend mit mir um, und machte im Team mit den Schwestern in ruhiger, gedämpfter Atmosphäre die Katheteruntersuchung. Davor hatte ich allerdings Angst. Unnötigerweise. Denn das war absolut harmlos. Weder den Schnitt in die Leiste spürte ich, noch das Durchführen des Katheters zum Herz.

Ach hätte ich doch nur gefragt vorher.  Aber icht traute mich nicht als Feigling outen ("Das wird jetzt wahrscheinlich unangenehm, oder?", "Tut das jetzt seeehr weh?")



Zwei der drei Äste im Herz waren völlig zu - eben Infarkt - und konnten mit Ballontechnik geweitet werden. In einen der beiden kam ein STENT, eine Art Röhrchen als Stütze, die in den nächsten Monaten einwachsen sollte.

Das Herz war natürlich in den drei Stunden auch unterversorgt. Dabei stirbt Gewebe ab. Das Herz hat verminderte Leistung, es pumpt nicht mehr so kräftig, und muss zudem erstmal sorgfältig vernarben. Daher gab es ein paar Tage Bettruhe auf der Intensivstation, danach auf der Normalstation.






Dann ging es auf zu einer Reha-Klinik. Eine Reha ist sehr empfehlenswert, denn dort lernen Sie Verhaltensregeln. Soviel kann Ihnen der Arzt in der Klinik gar nicht erzählen, wie da notwendig ist. Dass die Luftanhalten beim Bücken ein Riesenproblem wird, gefährliche Effekte beim Baden entstehen, Bergwanderungen und Aufenthalte auf hochgeliegenen Gegenden wegen der dünnen Luft eine Gefahr sein können, wie das Salz im Essen plötzlich gegen das Herz arbeitet und vieles mehr.

Reden und telefonieren war noch ein bisschen ein Problem. Denn auch die Atmung kommt nicht so mit, wie bisher, und nach längerem Reden schwindet die Stimme.

Ich fühlte mich prächtig, jedenfalls geistig und seelisch. Ich fühle mich auch nicht müde. Beim Rumsitzen und Reden, Schreiben oder Lesen fühlte ich mich ganz normal.

Aber wenn ich normal schnell aufstand und 10 m ging, merkte ich plötzlich. dass ich außer Atem bin, als wenn ich zwei Stockwerke hoch gestiegen wäre. Das lag an der verminderten Pumpleistung im Herzen. und dieses Herz musste sich erst wieder erholen. Der Effekt trat immer erst hinterherhinkend auf, also nach ein paar Sekunden.

Zur Erholung beigetragen haben der einstimmige Laubbläserchor der Rehaklinik, der nachmittags auf der Jagd nach dem verlorenen Laubblatt war.