Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Samstag, 3. Juni 2017

Spiegelselfie im Multiversum des Wiener Naschmarktes

Verwirrter Blick in's Multiversum

In meiner Fototasche fand ich vor ein paar Tagen - so überrascht wie überglücklich - eine verschollene SD-Karte mit Fotos aus meinem letzten Wienbesuch. Die Bilder entstanden fast genau vor einem Jahr, also im Mai 2016.

Bei den Fotos waren auch ein paar Spiegelselfie-Bilder dabei. Spiegelselfies zu machen, habe ich mir vor ein paar Jahren angewohnt. Egal ob im Parkhauslift vom Dachauplatz oder im Lift des ars-electronica-centers in Linz, ob in den Schaufenstern der Stadt Regensburg oder im verspiegelten Waschraum eines Imbisses des Wiener Naschmarktes.


Ein Spiegelselfie zu machen, wenn man durch den Sucher guckt, ist einfach:

Spiegelselfie: Gebäudefront im Wiener Prater


Aber wenn ich mein Gesicht sehen will, darf ich nicht durch den Sucher blicken. Ohne Kontrolle  wird es schwierig. Halte ich die Kamera gerade? Ist alles drauf? Zoom richtig eingestellt?


Aber das Wichtigste: habe ich die Entfernung richtig fokussiert, so dass das Bild scharf ist? vielleicht hat die Automatik einen Fleck im Spiegel fokussiert, und somit nur die halbe Entfernung zum Bild gewählt. Denn obwohl das Motiv in der Spiegelfläche erscheint, ist es doppelt so weit weg. Das Bild scheint nur im Spiegel zu sein. Die Entfernung zum Spiegel ist die falsche Entfernung

 
Bei dem mehrfach verspiegelten Bild  hatte ich wenig Zeit zum Experimentieren: das war im Waschraum eines Esslokals am Wiener Naschmarkt. Ich habe die Bilder seit einem Jahr gesucht -  ich wusste, dass sie existieren, ich freute mich auf die Auswertung. Aber ich fand sie nicht - ich wusste nicht, dass da eine vergessene SD-Karte existiert.

Die verspiegelten Wände hatten mehrere Effekte: einmal die unterschiedlichen Blickwinkel, so dass mein Gesicht in jeder Version anders aussieht.

 Zum anderen war es unmöglich, eine einheitliche Scharfstellung zu erreichen.




Denn jeder der vielen Burkes-Varianten ist unterschiedlich weit weg von meiner Kamera, je nachdem, wie oft reflektiert wird. Es gibt also keine "richtige" Entfernung. Entsprechend ist das Bild ein Kompromiss: nur eine der vielen Burkesse ist einigermaßen scharf abgebildet.

Das nächste mal weiß ich es besser: ich schraube die ISO-Zahl hoch und nehme eine möglichst hohe Blende, so dass ich viel Tiefenschärfe habe.

Dann schätze ich noch ab, wohin ich (blind) fokussieren muss, damit ich eine mittlere Entfernung als Ausgangspunkt habe - also eine Bildversion von mir, die über die verspiegelten Reflexionswege nicht allzuweit weg aber auch nicht allzu nah ist. Wie man es halt so bei Tiefenschärfe-Problemen macht.

Mit ein wenig Glück habe ich dann alle Paralleluniversen in scharfer Darstellung.