Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Sonntag, 27. März 2016

Sillner in Abensberg - Teil 2

Wenn Manfred Sillner ein Bild zu malen begann, hatte erpraktisch schon Käufer. auch wenn das Bild noch eineinhalb Jahre dauern sollte - denn er malt wie da Vinci in lasierenden Ölschichten. Ein Bild das untere hat gut  15 Schichten. Jede muss erst trocknen, bevor man die nächste setzen kann, und im Gegensatz zum Aquarell dauert das beim Öl länger. Darum sind Ölbilder generell aufwändiger und teuerer im Verkauf.

Da Vinci hat   mit seiner Mona Lisa diese Lasur-Technik mit durchscheinenden Ölfarbenschichten berühmt gemacht - sie ermöglicht Effekte und eine Bildwirkung, die sonst nicht möglich ist.

Das untenstehende Bild hat übrigens mit dem Mona-Lisa-Motiv zu tun, aber das kann Ihnen auch ein Führer erklären. Ich will hier nur mal zeigen, wie fantastisch die Details sind. Und das kann leider auch nicht das zur Werkschau 2012 herausgekommende Buch nicht vermitteln, denn dort sind Bilder von 2 m Breite auf weniger als eine DIN-A-4-Seite komprimiert. Ich dagegen habe mir die Mühe gemacht, einige Details zu Collagen zusammenzustellen, um Euch zu zeigen, was man bei einer Ausstellung zu sehen bekommt, und was es mit der Lasurtechnik auf sich hat:






Details und Details von Details - Ölbilder mit Lasurtechnik

Details

Details






Künstler wie Manfred Sillner haben keine Werbung notwendig. Sie sind in Fachkreisen bekannt. Es gibt (oder gab früher) keine großartigen Bücher oder Internetseiten mit Erklärungen.

Das ist auch der Grund, warum viele von Kunst falsche Vorstellungen haben - sie sehen ein paar Ausstellungen in Schaufenstern von modernen Malern, rollen die Augen, und haben keine Ahnung, was es in der Szene sonst noch gibt.  Dazu muss man Ausstellungen besuchen, Führungen mitmachen, sich mit Technik auseinandersetzen.

Im Laufe der Jahre ist mir aufgefallen, dass es einen Grund gibt, warum zeitgenössische Maler nicht so präsentiert werden, wie die Klassiker. Grund ist das Urheberrecht. Bilder von alten Klassikern kann man bedenkenlos in Büchern zeigen, man muss nur den Text und die Gestaltung beisteuern.

Zeitgenössischen Künstler, die schon einen Namen haben, müssten das schon selbst organisieren. Wozu sie aber keine Zeit haben, weil sie an Aufträgen arbeiten, und sie es nicht nötig haben, ihre Werke im einzelnen zu erklären, Details zu zeigen und so fort.

Darum sind Künstler wie  Geiblinger (Linz), Braunmiller (Regensburg), Sillner (Regensburg, Abensberg), Freihammer, Dollhopf, Pfüller,  und viele viele andere Künstler, deren Vernissagen ich schon besucht habe und hier im Tagebuch präsentiert, zwar unter Insidern bis über die Landesgrenzen hinaus bekannt, man findet aber nur wenig über sie, wenn man sich als Neuling dafür interessiert. Wer z.B. die genialen Fotos von J. Braunmiller sehen will, kann sich bei ihm eine Führung durch die Dauerausstellungsräume über dem Heuport buchen -  und das tun auch die Insider, sogar wiederholt. Aber es hat Jahre gedauert, bis ich das erste Buch von ihm entdeckt habe, und dort sind die Fotos natürlich nur kleinformatig und mit minimaler Wirkung zu sehen. Und im Internet fand ich auch nichts, als ich vor Jahren auf die Suche ging, um es Bekannten zu erklären. Und entsprechende Selbstdarstellung hatte er wohl auch nie nötig - seine fotografische Tätigkeit erledigte er neben seinem Hauptberuf, und seine Bilder waren trotzdem hochpreisig und begehrt und hängen in öffentlichen wie privaten Gebäuden.

Und von Manfred Sillner habe ich erstmals über die Webseite des Museums Abensberg eine ausführliche Beschreibung im Internet gefunden (am Ende des Artikels abgedruckt). Wobei - die ganzen Ausführungen bringen dem interessierten Neuling weit weniger als ein Blick auf die Details und eine Führung, bei der Technik und Hintergrund einzelner Bilder erklärt werden.

Übrigens:  Manfred Sillner zieht bald nach Kelheim um, habe ich gehört. Und kommt seiner früheren Heimat wieder näher.

Zur Ausstellung:

http://www.stadtmuseum-abensberg.de/ausstellung/sonderausstellungen
http://www.stadtmuseum-abensberg.de/volle-huette-im-stadtmuseum
http://www.regensburger-tagebuch.de/2012/11/sillner-finissage-18-november-was-fur.html
http://www.sillner.de/d/news.htm
http://regensburger-personen.blogspot.de/2015/02/baumann-dr-maria-baumann.html



Dieses Buch entstand 2012 im Rahmen der Werkschau und ist der wohl umfassendste Katalog von Werken von Sillner. Allerdings - die Komprimierung von großformatigen Gemälden und Radierungen auf DIN-A-4-Format nimmt deren Wirkung.

Über Sillner

Aus dem Text des Museums Abensberg zur Sonderausstellung Dez 15-März 16

Manfred Sillner hat im Laufe seines Lebens ein beeindruckendes Oeuvre geschaffen, welches die fast dreihundert Seiten des im Jahr 2012 erschienenen Werkverzeichnisses spielend füllt. Sillners Schaffen umfasst dabei Zeichnungen, Grafiken und Malereien aus mittlerweile mehr als fünf Dekaden. Eine besondere Rolle im Leben des Künstlers spielt seine Frau Therese Sillner. „Eigentlich müssten Manfred und Therese Sillner die Arbeiten gemeinsam signieren“, so der Fotograf Stefan Hanke, der dem Künstler in seinem Portrait ein zweites Paar hilfreiche Hände, nämlich die seiner Frau Therese, beigegeben hat.

Sillner, der 1937 in Berlin geboren wurde, wuchs in Berlin und Regensburg auf und entschied sich nach seiner Schulzeit zunächst für den bodenständigen Beruf eines Zollbeamten. Nach wenigen Jahren im Dienst nahm er an der Pädagogischen Hochschule in Regensburg ein Lehramtsstudium auf und wurde Volksschullehrer – unter anderem in Laaber/Opf. 
Ein Wendepunkt in seinem Leben war eine zufällige Begegnung auf der Eisernen Brücke mit seinem ehemaligen Hochschullehrer, dem Kunstpädagogen Hannes Weikert. Dessen motivierender Zuspruch bewegte den 28jährigen Manfred Sillner schließlich zu einer erfolgreichen Bewerbung an der Akademie der Bildenden Künste in München. 
Sillner wurde Schüler des Surrealisten Mac Zimmermann (1912-1995). Während seiner Akademiezeit begann sich der Stil des jungen Künstlers von einer stark expressionistischer Manier über ein kurzes pointilistisches Intermezzo hin zu der unverwechselbaren Ausdrucksweise zu wandeln, die „Mr. Blue“, wie ihn Mac Zimmermann wegen seiner Vorliebe für blaue Farbtöne genannt hatte, bis heute auszeichnet. Zug um Zug flossen verstärkt phantastische und surrealistische Einflüsse in Sillners Arbeiten ein.

Zwei Schlüsselwerke in Sillners Schaffen sind die in den Jahren 1966 und 1967 entstandenen Gemälde „Sehnsucht zu bleiben“ und „Aktäon ahnungsvoll“. In diesen Werken findet Sillner zum ersten Mal zu seinem genuinen künstlerischen Ausdruck, der ihn bis heute auszeichnet. Ganz im Sinne der Wiener Schule des phantastischen Realismus und dessen Begründers Albert Paris Gütersloh (1887 – 1973) verbindet Sillner in diesen beiden Werken die technische Perfektion der Alten Meister mit einer unbändigen Kreativität. Im Gegensatz zu anderen Vertretern der phantastischen Malerei, orientiert sich Sillner nicht nur technisch, sondern auch formal und inhaltlich an den großen Meisterwerken der Renaissance. Er entdeckt die Zentral- und Luftperspektive für sich, entwirft ideale Architekturen und Landschaften sowie an die Arbeiten Hans Bellmers erinnernde transluzente Körper, welcher er mit rauchigen, zarten Schleiern wieder schützend verhüllt.

Nach der Akademiezeit kehrte Sillner zunächst in die Schule zurück, erkannte aber nach fünf Jahren, dass der Brotberuf und seine künstlerische Berufung nicht miteinander vereinbar waren. Er gab seine sichere Stelle auf und arbeitete von nun an freischaffend. Die gewonnene Freiheit münzte Sillner zunächst in eine große Zahl von Arbeiten, vor allem Ätzgrafiken, um, mit welchen er – ebenso wie die Wiener Schule – ein breites Publikum erreichte.

In den folgenden Jahren entstanden Werke – jedes angefüllt mit einer schier unüberschaubaren Menge an mannigfach interpretierbaren Details und durchaus nicht frei von subtilem Humor – in denen Manfred Sillner sich intensiv mit den ikonisierten Werken von Leonardo, Altdorfer und Dürer auseinandersetzte. So fragt sich der Betrachter bei „Hannibal in Mailand“ unweigerlich, was genau Leonardos bleicher Erzengel Gabriel aus der „Verkündigung“ dem alten Elefanten, welcher mit alten Augen in den Raum des „Abendmahls“ blickt, denn mitzuteilen gedenkt und warum im Vordergrund ausgerechnet eine verdorrte Judenkirsche zu sehen ist. Bei allen Interpretationsversuchen darf man nicht vergessen, dass für Manfred Sillner Form und Farbigkeit im Verhältnis zum Inhalt keinen nachrangigen Stellenwert haben.

Im Laufe der Zeit ließ Sillner aber Schritt für Schritt die streng vermessenen, zentralperspektivischen Räume hinter sich und öffnete seine Bilder für Landschaft und Architektur. Einen weiteren Entwicklungsschritt vollzog Sillner, indem er Zeit und Vergänglichkeit im Spannungsfeld von Natur und Kultur – nicht zuletzt in den „Bildern aus Villers-la Ville“, gewissermaßen Sillners Eldena – für sich entdeckte. Dabei knüpft er nicht nur inhaltlich, sondern auch stimmungsmäßig an die Werke Caspar David Friedrichs an.

Sillners Spätwerk ist von einer großen Klarheit gekennzeichnet. Die überbordende Fülle an Details hat abgenommen. Die Farbigkeit der Gemälde wird ein Stück weit kühler, die Grafiken reduzierter. Über den Werken liegt eine melancholische, dennoch wohltuende Ruhe.

Manfred Sillners Arbeiten sind in der Gesamtschau eine Symbiose dreier kunsthistorischer Stilrichtungen: „Mr. Blue“ amalgamiert die altmeisterliche Malerei eines Albrecht Altdorfers mit dem melancholischen Blick eines Caspar David Friedrich und der surrealen Phantasie eines Salvador Dalí zu unverwechselbaren Werken, welche das Auge des Betrachters immer wieder aufs Neue zum visuellen Lustwandeln einladen.