Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Mittwoch, 25. August 2010

DER HAMMER: Metropolis von Fritz Lang, in der Minoritenkirche, in der Fassung 2010

Das ist die Sensation im Rahmen der Regensburger Stummfilmwoche

Metropolis (D 1927, Regisseur Fritz Lang).

 am Samstag den 28. August 2010 in der Minoritenkirche in Regensburg.

Es läuft  die  rekonstruierte Urfassung von Langs expressionistischer Zukunftsvision, die in diesem Jahr erst auf der Berlinale Premiere feierte und inzwischen als einziger Film zum Weltdokumentenerbe der UNESCO gehört.



Siehe Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=XGkZWu63DRQ



Der Film "Metropolis" war schon immer etwas Besonderes. Der Film wurde nicht umsonst als Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen (siehe Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Metropolis_%28Film%29)

Aber auch die jüngste Geschichte um die Entdeckung der Urfassung ist eine spannende Story für sich. Vielleicht haben Sie die Dokumentation auf arte gesehen, falls nicht, ganz kurz: bisher war Fritz Langs "Metropolis"  nur in einer verstümmelten Fassung zu sehen gewesen. Und das führte dazu, dass das Meisterwerk nie zu seinem filmischen Rhythmus fand, den das Original hatte. Zu groß waren die Sprünge in der Handlung und in den Bewegungen der Protagonisten.

Bis im Jahre 2008 in Argentinien eine Fassung des längst für verloren geglaubte  "Metropolis"-Films auftauchte. Eine Sensation, an die erst einmal niemand glaubte, bis Filmhistoriker das Material sichteten (vgl. Kapitel in Wikipedia Rekonstruktion 2010; Filmbericht auf arte).

Dies rekonstruierte Version, die in 2010 in Berlin Weltpremiere hat, wird hier gezeigt.

Die Filmmusik


Das Aljoscha-Zimmermann-Ensemble wird bei der Regensburger Aufführung lieve diejenige Musik spielen, die der Meister noch kurz vor seinem Tod entwickelt hat.

Auch musikalisch war das zerstückelte Werk schwer zu untermalen.  Weil die kommentierte Partitur , der Score, von Gottfried Huppertz noch vorhanden war, konnten die "neuen" Szenen wie in einem Puzzlespiel in die bisherige Version von "Metropolis" eingefügt werden. Und plötzlich konnte der Film, der nun 147 Minuten dauert, seinen Rhythmus entwickeln, seinen ursprünglichen Flow wieder bekommen.

Weltdokumentenerbe im Welterbe: Glückliches Regensburg

Bevor die neue "Metropolis"-Fassung nun ihren Siegeszug um die ganze Welt beginnen wird, werden die Regensburger diesen sagenumwobenen Film schon vorher sehen dürfen, dank der Bemühungen von Nicole Litzel und des AkF.



Hinweis: Mit 147 Minuten kostet der Film Konzentration und Durchhaltevermögen. Wenn Sie sich noch nie mit Dem Film oder mit alten Filmen allgemein befasst haben, sollten Sie vielleicht für ein bisschen Hintergrundinformationen sorgen. Denn die Schauspieler spielen oft theatralisch und übertrieben. Wenn es ein gewöhnlicher, kommerzieller Unterhaltungsfilm wäre, wäre er bald relativ langweilig.

Der Film war aber so nicht gedacht. Ihm geht es um die Utopie, die gesellschaftslichen Probleme, die vor- und Nachteile von  Revolution und die Frage, wie diese Kluft überwunden werden kann. „Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein.“, das wird durch die Versöhnungsszene am Ende ausgedrückt, erst nachdem viel Blut geflossen war. Das Drehbuch stammt in Wirklichkeit von Fritz Langs Ehefrau und erschien zwei Jahre nach dem Film, 1926,  als Roman. In Wirklichkeit war die Romanvorlage schon 1924 fertig und wurde zur Grundlage der Verfilmung.

Formal ist der Film künstlerisch angelegt; er gilt als  Klassiker der expressionistischen Filmkunst und als Inspirationsquelle vieler späterer Werke.  Auch das gibt zu einem anderen Blickwinkel auf die scheinbar kitschigen Szenen Anlass, und macht den Film interessant. Fritz Lang war, ähnlich wie Charlie Chaplin,  ein fanatischer Perfektionist und hat mit diesem Film der produzierenden UFA fast die Pleite beschert. Mit Produktionskosten von ca. 5 Mio. Reichsmark  war Metropolis in seiner Zeit der teuerste Film der deutschen Filmgeschichte.  Für die Aufnahmen wurden laut Angaben des Pressereferats der Ufa  mehr als 600 Kilometer Film belichtet, was mehr als 350 Stunden Spielzeit entspräche.

Wahnsinn, wie Fritz Lang diese Zukunftskulisse realisiert hat!

Den Stoff verfilmte Lang  mit immensem Aufwand, in der ihm eigenen Ästhetik und Perfektion, und unter Ausschöpfung vorhandener und Erfindung neuer tricktechnischer Möglichkeiten. Bislang unbekannte Errungenschaften wie Roboter, Einschienenbahnen und Bildtelefon werden gezeigt. Walter Schulze-Mittendorf schuf den Maschinenmenschen und andere Skulpturen.

Mehrfachbelichtungen oder übereinander kopierte Negative gehörten seit Langs weltweit bestens aufgenommenen Nibelungen zu seinem Repertoire. Zur zeitaufwändigen Stop-Motion-Technik vermerkt beispielsweise Kameramann Günther Rittau, dass für die Einblendung der Hauptverkehrsader der Stadt unter anderem rund 300 Modellautos nach jeder Einzelbildaufnahme um Millimeter bewegt werden mussten: „Acht Tage Arbeit für zehn Sekunden Film“ (Quelle: Wikipedia)

Lang erklärte keine Einstellung für „abgedreht“, bevor nicht mindestens die drei für den weltweiten Vertrieb nötigen „gesicherten“ Kamera-Negative „im Kasten waren“. Sein  Perfektionismus, aber auch schlechtes Wetter, verteuerten die Produktion, was die bereits 1925 in finanziellem Engpass steckende Ufa weder verkraften wollte noch konnte.  Zu allem Überfluss floppte der Film bei seiner Uraufführung im Jahre 1927, und nach ein paar Monaten wurde er um 30 Minuten auf die kommerzielle Standardlänge gekürzt. Ferner wurden Szenen herausgeschnitten, z.B. diejenigen, in denen man Anklänge an marxistische Gedanken sah. Im Grunde gab es sogar mehrere Überarbeitungen. Später war ein Rekonstruktion kaum mehr möglich.

Viele weitere interessante Fakten finden Sie auf Wikipedia, und natürlich auf weiteren Webseiten.

Die vorletzte Fassung 2001 und die aktuelle Fassung 2010

Im Jahre 2001 gab es die vorletzte Rekonstruktion und Restauration des Films. Diese Version ist es, die mir zu Hause aus Video vorliegt, ein Geschenk von meinem Sohn (nein, keine Raubkopie); sie war zu diesem Zeitpunkt bereits ein Leckerbissen für Filmfreunde.

Bei dieser  Rekonstruktion aus dem Jahre 2001 wurde alles zur Verfügung stehende Material verwendet, doch fehlte immer noch rund ein Viertel des Films, was man durch Kommentartexte, Schwarzfilm und gelegentlich Standbilder überbrückte.  Die Version 2001 wurde auch als von der UNESCO als Weltdokumentenerbe aufgenommen wurde.

Ich bin neugierig auf die "echte" Fassung.


http://fr.wikipedia.org/wiki/Metropolis_(film,_1927)