Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Mittwoch, 10. Juli 2019

Blick über Wien - der Theodor Körner Hof, ein Gemeindebau



Matzleinsdorfer Hochhaus im Theodor-Körner-Hof Gemeindebau, Wien

Seit Jahren möchte ich über dieses Erlebnis berichten: der Besuch des obersten Stockwerks eines Wiener Hochhauses, das zu einem so genannten "Gemeindebau" gehört, dem "Theodor-Körner-Hof". 

Das war im Jahre 2014, zum Abschluss eines Kunstprojekts der Studenten der Kunstakademie Wien. Dabei ging es, soweit ich mich erinnern kann, um die Gentrifizierung von Städten oder ähnlichem. Die Ausstellung fand deshalb zunächst in einer leeren Wohnung innerhalb des Gemeindebau-Viertels statt, mein Sohn war mit am Projekt beteiligt, und ich war als Besucher dabei und hatte das als Anlass für einen Wienbesuch genommen.

Der Professor hatte zum Abschluss eine Überraschung für uns alle parat: ein Besuch im obersten Stockwerk des Hochhauses, das im Zentrum der Gemeindebau-Anlage steht, und das kurz vor Sonnenuntergang.


Die Etage ist normalerweise nicht zugänglich, es hatte sich damals eine Beratungsfirma eingemietet. Und leider gab es eine Verzögerung - die vorgesehene Uhrzeit konnte nicht eingehalten werden, weil sich der  Beratungstermin mit dem letzten Kunden hinausgezögert hatte. Und so verpassten wir den optimalen Zeitpunkt und die Sonne verschwand hinter den Wolkenbänken am Abendhimmel.

Aber wir hatten ein unglaubliches Panorama.

Thema Sozialer Wohnungsbau

Aber ich wollte die Fotos nie einfach so zeigen. Nein, ich wollte das Thema Gemeindebau als Lösungsversuch zur Wohnungsnot anreisen.

Die derzeit in Regensburg beklagten explodierenden Mietpreise und fehlenden Wohnungen gab es schon früher, unter anderem nach dem ersten und nach dem zweiten Weltkrieg. Und hier experimentierten die Wiener mit dem Gemeindebau - nicht einfach nur gemeindeeigene Wohnungen, sondern ganze Häuserkomplexe.

Man experimentierte auch mit dem System, dass sich das soziale Leben geschützt in den Innenhöfen (bzw. den Plätzen zwischen den Häusern) abspielen sollte. Daher auch die Namen "Theodor-Körner-Hof", "Lasalle-Hof", "Rabenhof" usw.; siehe Wikipedia-Artikel über den Gemeindebau).

Das Thema ist so komplex, dass es bisher zu keinem Artikel kam. Denn so einfach ist das alles nicht, wie es beim ersten Hinschauen am Stammtisch aussieht. Die Stadt soll Grundstücke nehmen und selber bauen, schreiben die Leser in der Tageszeitung. Das sagt sich leicht daher, klappt aber für sich alleine nicht, schon von der Finanzierung her. Und, naja - sonst hätten die Häuser in der DDR anders ausgesehen, als die Grenzen fielen. Auch die Österreicher haben ihren Kurs etwas geändert, sind aber übrigens immer noch vorbildlich im  Bereich Wohnungsbau.

Jedenfalls ist der direkte Bau durch Kommunen nur eine kleine Säule der Förderung von Wohnungen. Daneben gibt es noch andere Methoden wie den sozialen Wohnungsbau (so genannte Objektförderung), die Förderung einzelner Bauwilliger (Subjektförderung) durch Wohngeld, Eigentumsförderung, KfW-Programme, Bausparförderung, Wohnungsbauprämie und vieles mehr. Auch die Unterstützung von privaten Genossenschaften hat sich bewährt.

Aber die Gewichtung dieser Bausteine lässt sich ewig streiten.

Wer sich etwas einlesen will: der Wikipedia-Artikel über den "Sozialen Wohnungsbau" gibt einen guten Einstieg.

Das Thema in der lokalen Presse

Die örtliche Tageszeitung hatte  im Frühjahr das Thema Wohnungsnot mehrfach aufgegriffen, unter anderem im MZ-Artikel von Ulrich Traub : "Das Erbe des roten Wien" (MZ 4. Mai 2019). In dieser schönen Reportage wird erzählt, wie zwischen 1. und 2. Weltkrieg die Stadt Wien mit der Idee des Gemeindebaus startete.

Die Projekte wurden nach dem 2. Weltkrieg fortgeführt. Dabei entstand überigens auch der Theodor-Körner-Hof, nämlich 1951-1955.

Anlässlich dieser Artikel hatte ich die alten Fotos herausgesucht, ein wenig überarbeitet, hochgeladen und eingebunden. Mittlerweile sind nochmal ein paar Wochen vergangen, und jetzt erst kann ich den Artikel fertig machen.

Wer das Hochhaus in Wien (oder auf google-earth) finden will: sucht die "Kohlgasse", die den Hügel hochgeht, und am Ende ist das Hochhaus und daneben bzw. darum herum der Theodor-Körner-Hof.

Links:

https://www.wienerwohnen.at/hof/103/Theodor-Koerner-Hof.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeindebau

https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialer_Wohnungsbau
https://www.wienerwohnen.at







Bilder vom Besuch in Wien, 19.6.2014

Die Fotos sind, wegen des Problems mit der Sonne, nicht sonderlich spektakulär. Mir ist es auch letztlich wichtiger, bei dieser Gelegenheit auf das Thema Gemeindebau hinzuweisen.


Warten auf den "Aufstieg" im Hochhaus

























































Zum Teil mussten/konnten wir auf einen Außengang gehen. Die Mieträume grenzten also nicht alle an die Fassade.