Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Sonntag, 17. Juli 2016

Das tragische Ende eines genialen Projekts - Diba Kult & Büro in der Krebsgasse



Als Fortsetzung zur Artikelserie  "Der Mann hinter dem Diba-Cafe" Teil 1 und Teil 2 gibt es hier endlich den Bericht über Rezas erstaunliches  Kulturprojekt "Diba Kult & Büro" aus den Jahren 2008 bis 2012.

Das  "Kult & Büro" existierte ab 2008 mehrere  Jahre lang in der Krebsgasse. Es war Anlaufstelle für Musiker, die dort ihre Probe-Sessions abhielten, für private oder öffentliche Musikveranstaltungen, für Lesungen, für Dia-Vorträge, für Parties und für  Filmvorführungen.

Es war "offene Bühne" für private wie öffentliche kulturelle Veranstaltungen, sei es Lesung, Vernissagen oder Musik.

Das Tragische: obwohl es wirklich kultig wurde, musste Reza das Lokal aufgeben. Schuld waren Partygäste, die sich die Räume ausgeliehen hatten, bei der späteren Reinigung der Räume einen Brand ausgelöst hatten (Polstersessel an den Nachtspeicherofen gestellt) woraufhin dann die Vermieterin den Mietvertrag kündigte.

Sowohl für die Räume, als auch für seine Wohnung im ersten Stock. Das traf ihn tief und daran knabberte er ein paar Jahre lang.

Dabei war das "Kult & Büro" ein herrlicher Ort, wo man an Session-Tagen die Räume besuchen und den Jazz-Musikern beim Proben zuhören konnte.




Reza hatte im Vorfeld lange nach solchen Räumlichkeiten gesucht: Räume, wo er nicht nur wohnen kann, sondern wo er auch kulturelle Aktivitäten organisieren kann. Zum Beispiel Ausstellungen, Konzerte, private Film-Abende für Cineasten, Jazz-Sessions für die Jazzer (immer Mittwochs) und andere Sessions für andere Musiker (ich glaube, das war Sonntags), Parties, Lesungen und mehr.


Alles mehr im halb-privaten Rahmen, also für seine Freunde und für alle Diba-Stammgäste, sowie deren Freunde. Im Grunde so etwas wie der legendäre Jazz-Keller von Richard Wiedamann, wo im Grunde jeder willkommen war. Privat und ohne Gewinnerzielungsabsicht.

Als er mir von dieser Idee erzählte, etwa 2007 während seiner Wohnungssuche, dachte ich "schöne Idee, aber wohl nur Wunschtruam".

Dabei hatte er schon vorher ähnliche Dinge gestemmt, die unwahrscheinlich klangen.  Nicht nur  mit dem Kult-Cafe "Diba Bar" am Bismarckplatz, sondern auch später mit dem Diba-Chocolade in der Hahnengasse, in welchem sein   Frau traumhaft gutes Eis zaubert, ferner den Kulturveranstaltungen in den Erstjahren des Cafés, den von ihm initiierten Musiker-Sessions um Hans Wax (später ganz offizielle Formation namens "Volando Voy"), und schließlich dem Gitarrenfestivals 2007, 2008 und später. Auch bei den Gitarrefestivals erzählte er mit vorher von der Idee und ich hielt das für unrealistisch - wie soll er internationale Musiker bis hin zu Paco de Lucia nach Regensburg bringen. Aber das schaffte er, wie ich schon an anderer Stelle erzählte.



Die Krebsgasse

Und tatsächlich lich fand er sie, die Räume. Oben eine Wohnung, unten größere Räume für Veranstaltungen aller Art. Das Ganze gegenüber dem Dicken Mann in der Krebsgasse.

Und so konnte er 2008  auch diesen  Traum verwirklichen -   eine "offene Bühne" für private wie öffentliche kulturelle Veranstaltungen, sei es Lesung, Vernissagen oder Musik. 


Die Eröffnungsfeier war am 12. April 2008, ich stellte damals auch ein paar meiner Bilder mit aus und es gab Musik und Kost. Eintritt war frei.


Das war der Text der Einladung

Einladung   zur Neueröffnung der Räumlichkeiten im Diba- Kult & Büro
Samstag,12.04.2008 ab 19:Uhr
Haidplaz-Krebsgasse3
Programm:
  • Live-Musik
  • Bilderausstellung
Unsere Pläne für diese Räumlichkeiten
sind:

* Bilderausstellungen
* Live-Musik
* Musik Session
* Workshops
* Seminare(Wein,Kunst,Musik,...)
* Dia-und Literaturabende
* Lesungen
* Vorträge

Auch stellen wir diese Räumlichkeiten für verschiedene Anlässe zur Verfügung! Wir freuen uns auf euer Kommen! Diba Kult & Büro Reza mit Diba-Team















Weitere Fotos von der Eröffnung:

Die Sessions im Diba Kult & Büro


Das Diba-Kult-und-Büro war nun auch eine ideale Möglichkeit für die Musiker um sich zu treffen und zu üben.

Ähnlich wie in Wiedamanns Übungskeller konnte auch hier jeder kommen und zuhören. Es gab einen bestimmten Wochentag, an dem die Jazzer übten, einen anderen, an dem die Rocker probten. Letztere wurden aber bald zum Lautstärkeproblem.

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Das Diba-Cafe selbst war zu klein für die Treffen mit den Musikern, oder für Proben oder Auftritte.

Reza Pezeshki und Larry Coryell in Rezas Cafebar "Diba" in Regensburg









Laura und  Freund Juanma aus Spanien bei einem Besuch in Regensburg - sie waren begeistert, als ich mit ihnen in der Krebsgasse landeten.


Juanma ist völlig fasziniert.


Für die Musiker war die Lokalität ein Traum. Warum?. Weil sie dort nicht nur üben konnten, sondern auch rauchen durften.


Eigentlich erstaunlich - denn Reza war der erste, der in Regensburg freiwillig sein Lokal rauchfrei machte, ein Jahr bevor dies Gesetz wurde. Das haben ihm die Musikerfreunde auch ziemlich übel genommen und sind eine Zeitlang beleidigt ins Jakobi gegangen. Dort besuchte ich sie ein paar mal bei ihren Sessions, gab es aber auf, weil die Luft zum Schneiden dick war.


Aber Reza hatte nichts gegen das Rauchen generell. Er war nur der Ansicht, dass das Diba-Cafe zu klein ist, und seine Angestellten jammerten oft über die gesundheitlichen Auswirkungen des Rauchs. Hier im Diba-Kult-und-Büro war aber genug Raum und Luft - sogar ich, der ich als Dozent rauchgeschwängerte Räume meiden muss, wenn ich meine Stimme schonen will, hielt es dort gut aus.

Helmut Nieberle, Jazzgitarrist und Musiklehrer (https://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Nieberle)



Franzi Forster
Siehe auch:

Reza kann übrigens selbst Gitarre spielen, und das ganz hervorragend. Was ich erst im Laufe viele Jahre entdeckte, denn er tat immer so, als wenn er nur ein wenig zupfen könne. Heute weiß ich: er ging bei spanischen Meistern in die Lehre und verkehrt privat mit Musikerlegenden.


 

Tja, er hatte wirklich Pech mit seinen Mietobjekten. Jetzt läuft auch noch der Mietvertrag im Diba-Cafe aus. Ohne dass er eine Chance auf Verlängerungsverhandlungen hatte, hat seine Vermieterin die Räume für die Zeit danach neu vermietet. Ende Juli läuft die Räumungsfrist ab. Dann ist Schluss.




Für mehr Bilder vom Diba Kult & Büro siehe die früheren Artikel:

Ferner: