Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Mittwoch, 21. Oktober 2015

In der Dreieinigkeitskirche



Ich besuche jemand, der bei der Kasse zum Dreieinigkeitskirchturm Dienst hat. Da ich die Kamera dabei habe, mache ich Fotos - trotz schlechten Wetters. Leider fehlt es an einem Stativ und an wirklich gutem Licht.


Für Laien ist di eKirche erst einmal unscheinbar, also eher schmucklos. Aber in Wirklichkeit ist diese Kirche baulich eine Sensation - ein Meilenstein im Kirchenbau. 

  • Haben Sie gewusst, dass sie zwei Türme hat, nicht nur einen? Der zweite ist von der Gesandtenstraße aus kaum sichtbar, da unvollendet und somit kleiner.
  • Wussten Sie, dass die Kirche eine völlig neue Architektur einleitete und - mit leichten Abwandlungen - sogar zur Musterkirche für evangelische Kirchenarchitektur wurde? Es gab kein Mittelschiff, das von zwei Seitenschiffen flankiert wird. Die Säulen hätten verhindert, dass alle Kirchenbesucher den Altar und die Predigerkanzel sehen können.

    Daher die Erfindung diese säulenlosen Kirche, ein so genannter Hallenbau. Entworfen hat das der Nürnberger Architekt Johann Carl. Dass die Predigerkanzel und der Altar von Jedermann gesehen werden soll, ist nicht einfach so ein Gedanke gewesen, sondern spiegelt die (eher volksdemokratische) Philosophie des evangelischen Denkens wieder.

    Deshalb gab es  (bis in das 20. jahrhundert hinein) eine evangelische und eine katholisch Kirchenarchitektur.
  • Auch die Emporen links, rechts und hinten, sind interessant. Nicht nur weil sie kunstfertig gemacht wurden, sondern weil sie auch für das gemeine Volk begehbar waren und nicht nur für die Prominenz. Und sie waren eigens konstruierte Balkone, und nicht Nebeneffekt der klassischen Architektur, wonach über den Gewölben der (säulengestützten) Seitenschiffe manchmal noch der Raum als Empore ausgenutzt wurde.
  • Wussten Sie, dass diese evangelische Kirche (neben den katholischen kirchen in Regensburg) den Immerwährenden Reichstag ermöglichte, weil viele der Gesandten protestantisch waren und hier sich trotzdem niederlassen konnten?
  • Wussten Sie, dass die Kirche auch ökumenischen Charakter hat? Der Name "Dreieinigkeit" symbolisierte  die Offenheit für alle christlichen Religionen, die Bereitschaft zum Dialog. Der dreieinige Gott ermutigt den Menschen zum Facettenreichtum. Der Mensch solle versuchen, Trennendes zu überwinden. Lateinischer Schriftzug an der Stuckdecke: Heilige Dreieinigkeit.














Die Fürstenloge
















Bildmontage: von alpha bis omega






















Siehe auch meinen Artikel:
http://www.regensburger-tagebuch.de/2013/12/stand-der-dinge-dreieinigeitskirche.html