Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Sonntag, 13. Oktober 2013

Die Brücke da, mein lieber Mann! vollend' ich euch zur Stelle ...


Modell der Steinernen Brücke im Regensburger Stadtmuseum, hier mit mittlerem Turm und Abgang zum oberen Wöhrd

Folgendes Gedicht stammt aus dem Jahre 1852:
 
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande.  
München 1852, Erster Band, Kapitel 113 . 

Kap. 113: Die Regensburger Brücke.

Von A. Schöppner. – Die steinerne Brücke zu Regensburg. Stadtamhof 1821. S. 13, wo nebst dem Hund noch zwei Hähne als Opfer des Teufels genannt sind. Nork Myth. d. Volkss. S. 1050. Lexikon v. Bayern, Ulm 1796 II., 741. Ein Ged. v. Th. Mörtl.

Ein Herzog hub zu bauen an die Regensburger Brücke,
Doch hatte selber Ehrenmann die sonderbarste Tücke.

»Elf Jahre, lieber Meister mein, sind euch zum Bau vergonnen,
Doch wisset: ist des Werkes Frist im elften Jahr verronnen

Und steht der Brücke Bau nicht da, vollendet fix und fertig,
So seid bei meinem Barte mir des Eselritts gewärtig.«


Wie rührte da der Meister sich, wie richteten die Metzen,
Wie regten die Gesellen sich mit Hauen und mit Setzen.

So schlich das elfte Jahr herbei, die Brücke noch nicht fertig,
Es war der gute Meister schier des Eselritts gewärtig.

Und immer näher dräuet schon des Jahres letzte Stunde –
Da ruft er in Verzweifelung den Teufel an zum Bunde.

Wie flog der Meister Urian herbei mit Blitzesschnelle:
»Die Brücke da, mein lieber Mann! vollend' ich euch zur Stelle;

Doch weil die Arbeit Lohnes werth, so sei die Seele dessen,
Der auf die Brücke geht zuerst, als Preis mir zugemessen.«

Dem Meister macht die Forderung das Herz im Leibe beben,
Doch drängt der Schicksalsstunde Schlag, sein Ja zum Pakt zu geben.

Und eh' das elfte Jahr verstrich, erhub sich hoch und mächtig
Mit Pfeilern und mit Bogen schwer die Brücke stolz und prächtig.

Und von dem hohen Dome her in festlichem Ornate
Zum Weihespruch des Werkes zog der Bischof mit dem Rathe.

Es sieht der gute Meister schon das Volk zur Brücke drängen, –
O Gott! es will dem Armen schier das Herz im Leibe sprengen.

Da zuckt ihm durch die Seele schnell ein Rath zu gutem Glücke:
Er reißt den Hut von seinem Kopf und wirft ihn auf die Brücke,

Und husch! sein Pudel hinterdrein, den Hut zu apportiren
Und husch! der Teufel diesem nach, den Pakt zu exequiren.

Da stöhnt entsetzliches Geheul aus des Betrognen Munde,
Er bricht in seinem Höllengrimm den Hals dem armen Hunde,

Und raffte sich im Augenblick von der verwünschten Brücke
Und ließ den dicksten Schwefeldampf und Höllenstank zurücke.

Es mahnt der Pudel ohne Kopf zu Regensburg noch heute,
Wie sehr der dumme Teufel dort den Brückenbau bereute.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 113-114.

Permalink:
http://www.zeno.org/nid/20005668336

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Vielleicht sollten die Regenburger Brückensanierer auch einen Bund mit Meister Uriel eingehen, um die Sanierung  zu beschleunigen?



Das waren noch Zeiten: Die Brücke, voll begehbar und  ohne Sanierungsgerüste