Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Donnerstag, 31. Dezember 2015

Portrait Renate Wegmann

In Fortsetzung zum Künstlerportrait über Sabina Schellmann kommt hier das versprochene Portrait von Renate Wegmann,

Renate Wegmann ist  Künstlerin, Diplom-Designerin, Lehrkraft für Gestaltung, Betreiberin eines Porzellanstudios in Köfering, wo sie auch Kurse gibt und Mitbetreiberin des Ladengeschäftes "Kunstwerk" in Regensburg. 


In dieser unscheinbaren Kommode öffnet sich eine kleine Galaxie voller interessanter Unikate von Renate Wegmann

Ich habe sie zusammen mit Sabina Schellmann im Oktober 2015 im gemeinsamen Laden in Regensburg interviewt. Ebenso wie bei ihrer Mitstreiterin entdeckte ich auch bei Renate Wegmann Gemeinsamkeiten im Lebenslauf: mehrfache Ausbildungen und Fortbildungen, Tätigkeit im Bereich der Erwachsenenbildung und einen unbändigen kreativen Trieb. Und wie Renate ist locker, bodenständig und menschenfreundlich.







Renate Wegmanns Kunst dreht sich vor allem um Porzellan und  Glas. Sie kombiniert Porzellan auf unkonventionellen Wegen mit anderen Werkstoffen -  Samenkapseln, Moos, Glas oder Silikon, Gold und  Silber, Auch Aluminium und Bronze finden  ihren Einsatz. Sie experimentiert mit aufgeschäumter Keramik und Porzellanoberflächen.

Wenn ich mir die einzelnen Werke im Schaukasten erklären lasse, blüht sie auf. Und sie schafft es, Interesse und Begeisterung in mir zu wecken. Es ist wie sonst auch in der  Kunst: wenn man von der Technik erfährt, die hinter den Werken steht, wird es erst richtig spannend. Und am Ende ist weit mehr da als nur ein optisches "Ah-wie-schön". Ich kann nur den Tipp geben: lassen Sie sich die Unikate von ihr erklären, wenn Sie im Laden stöbern, auch wenn der Anblick Sie schon überzeugt hat.

Aufgrund ihrer vielfältigen Ausbildung kann sie aber weitaus mehr als nur Kunst oder Schmuck  entwerfen. Bevor sie ihr Diplom als Produktdesignerin machte, machte sie handfeste Ausbildungen in Selb bei Hutschenreuther im Bereich Keramik.


Ich habe mir  nach dem Interview nochmals näher die Vita angesehen: da war erst eine Ausbildung als Kerammalerin bei Hutschenreuther, Abschluss 1985 mit Auszeichnung.

Nein - das ist kein Druckfehler, es heißt tatsächlich Kerammalerin, nicht Keramikmalerin. Ich habe nachgeforscht:
"Kerammaler und Kerammalerin sind an der Herstellung von kunsthandwerklicher Keramik mit beteiligt. Sie arbeiten in einem keramischen Atelier oder in einer Kunstwerkstatt. Sie stellen Einzelstücke und kleinere Serien dekorativer Keramikwaren her. Sie arbeiten meist anhand von Vorlagen, Fotografien, Modellen, Zeichnungen oder manchmal auch nach eigenen Entwürfen. Stets müssen sie Kundenwünsche und -anforderungen berücksichtigen." (http://www.berufskunde.com/at/ausbildungsberufe-a-bis-z/kerammaler)



Dann machte sie noch eine Ausbildung zur staatlich geprüften Dekorentwerferin an der Fachschule Selb und schließt 1988 mit einem Preis durch die Dannerstiftung ab. Das reicht ihr aber nicht: 1988 bis 1989 macht sie ein Praktikum in der Keramikwerkstatt Eva Bomblies. Eva Bomblies, das war offenbar eine Bekanntheit:
"Die Keramikerin Eva Bomblies war fast 50 Jahre lang mit ihrer Werkstätte eine Münchner Institution. Mit großem fachlichen Können und persönlichem Einsatz prägte sie zusammen mit ihrem Mann die keramische Landschaft Bayerns vor allem in den 60ger, 70ger und 80ger Jahren. Bekannt ist sie unter anderem für ihre Baukeramik: Kachelöfen, Altäre und Bodengestaltung. So gestaltete sie etwa im Erasmus-Grasser-Gymnasium München den Fußboden. Im Laufe ihres Berufslebens bildete sie zusammen mit ihrem Mann Otto Bomblies über fünfzig Lehrlinge aus." Quelle


Und 1989 arbeitet sie als Dekorentwerferin bei den Firmen Hutschenreuther und Schumann. Ein kleiner Seitenblick auf die Firma Hutschenreuther:
Die im Jahre 1822 von Carolus Magnus Hutschenreuther gegründete C.M. Hutschenreuther Porzellanfabrik sollte zu einer Aktiengesellschaft aufsteigen, Rezessionen und Wirren zweier Weltkriege überdauern, Weltgeltung erlangen und 1969 mit der 1856 vom Sohn Lorenz Hutschenreuther in Selb parallel gegründeten eigenen Porzellanfabrik (Lorenz Hutschenreuther) zur Hutschenreuther AG Selb verschmelzen. Die Firma wurde später auf komplizierte Weise aufgespalten. Wikipedia hilft hier nicht weiter, aber eine geniale Darstellung findet man auf http://www.porzellankompass.de/...

Wie leidenschaftlich sie sich ein Lebenlang für den Werkstoff Porzellan  engagiert, sieht man auch am weiteren Fortbildungen. Im Jahre 1993, mit 28 Jahren begann  ein Neuaufbruch: mehr Wissen um das Material muss her! Aber ohne Abitur kein Studium.

Ein heftiges Jahr an der Fachoberschule für Gestaltung in Bayreuth folgten, um auf dem zweiten Bildungsweg das Fachabitur nachzuholen. Der Weg für das Studium ist geebnet.






Dann, 1995, beginnt sie ein Glas- und Keramik-Designstudium an der Burg Giebichenstein (= Kunsthochschule Halle) deren Webseite eine Fundgrube für Kunstinteressierte ist (http://www.burg-halle.de/kunst/)




Während des Studiums absolvierte sie ein einjähriges Stipendium an der University of Art and Design in Helsinki (http://arts.aalto.fi/en/) . Finnland ist die Hochburg für Glasdesign.

"Das finnische Design genießt dank der funktionalistischen Entwürfe Alvar Aaltos aus den 1930er Jahren und der Erfolge von Designern wie Tapio Wirkkala, Timo Sarpaneva und Kaj Franck in den 1950er Jahren international einen guten Ruf. Bekannte finnische Designermarken sind der Keramikproduzent Arabia, die Glasfabrik Iittala, die Möbelfirma Artek und der Textilproduzent Marimekko." Quelle: Wikipedia, Finnland.

Noch mehr Informationen über Kunst in Finnland findet man bei: https://de.wikipedia.org/wiki/Finnische_Kunst#Design



Nach einem Studiumsaufenthalt in Südkorea macht sie 2002 schließlich  ihren  Abschluss  Diplom-Designerin, Burg Giebichenstein, Halle, und zwar mit Bravour.



Danach arbeitete sie parallel als Dozentin und als freischaffende Künstlerin im eigenen Studio.

Die Lehrtätigkeit interessiert mich natürlich besonders. Gemäß Vita sind oder waren das: Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HDK Halle in Burg Giebichenstein, ferner Mitarbeiterin im Deutschen Porzellanmuseum, Lehrkraft an der staatlichen Fachschule für Produktgestaltung in Selb, Dozentin am Freien Institut für Kunst und Design in Neustadt (Mappenkurse für Kunststudenten) und - bis heute, nein bis 2015 - Lehrkraft an der staatlichen Fachoberschule Straubing.

Ab 2016 beginnt allerdings ein neuer Lebensabschnitt. So beendet sie  2015 ihre Unterrichtstätigkeit und konzentriert sich künftig vollständig auf die   hauptberufliche Selbständigkeit als Designerin.





Das Porzellanstudio

Ihr Porzellanstudio in Köfering gründete sie 2004. Dort gibt sie auch regelmäßig private Zeichen- oder Porzellankurse; z.B. Porzellan Schmuck, 6 Abende, auch für Anfänger geeignet.





Anhand von Demo-Objekten im Laden gibt sie mir etwas Einblick in die Arbeitsschritte. Äußerst faszinierend.  Porzellan lässt sich nicht einfach wie Ton in die Hand nehmen und formen. Daher bezeichnet sie die Beschäftigung mit Porzellan als eine Art Zwiegespräch. 20 Arbeitsschritte gehen sie ‚gemeinsam‘, Modelle und Gipsformen für das gießfähige Porzellan müssen gemacht werden, und bis zu fünf Brände sind nötig, bis ein Stück fertig ist.



Mit Porzellan kann man übrigens weit mehr machen, als nur Kunstgegenstände oder Unikat-Schmuck. Möglich sind zum Beispiel auch Lichtobjekte, Bilder, Wandgestaltungen, Hausschilder oder Namensschilder. Renate kann Porzellan neuvergolden oder Porzellan reparieren. Entsprechende Dienste bietet sie auf ihrer Webseite an.



Darauf angesprochen ergänzt sie:

"Ich spezialisiere mich gerade darauf, individualisierte Logos für Firmen Namenszüge, Datumsangaben oder auch ganz persönliche Portraits für Kunden auf Porzellan zu fertigen."






Das "Kunstwerk" Projekt

Im Jahre 2014 dann kam das nächste Projekt: die Gründung des Künstlerladens "Kunstwerk" in Regensburg, Wahlenstraße, zusammen mit Sabina Schellmann und weiteren Künstlern. Wie ich schon im Artikel über Sabina Schellmann erzählte, wurzelte dieses Projekt in einer schicksalhaften Begegnung vor drei Jahren.  Sabina Schellmann und Renate Wegmann trafen sich zufällig in der Galerie des im ehemaligen Blumengeschäftes „durch die blume“. Renate Wegmann stellte dort ihre Porzellanarbeiten aus. Es war Sympathie auf den ersten Blick. Schnell war klar: es existiert ein gemeinsamer Traum vom eigenen Laden. Mehr über den Laden erfahrt ihr in dem dritten Teil der Artikelserie.






Ausstellungen
  • Jahresschau Kunst- und Gewerbeverein Regensburg 2015
  • Messe für angewandte Kunst,**Grassimuseum Leipzig, 2013
  • Materialkonzepte,Ausstellung des BK, Künstlerhaus Saarbrücken 2013
  • „Schmuck und Gerät“, Jürgen Prüll, Weiden
  • „Weißes Gold in neuer Form“, Spielbank Bad Kötzting, 2011
  • "Raum für Kunst", Ausstellung mit Doris Grimm und
    Nicolette Spiegelberg im Atelier in Bad Abbach, 2010
  • Handwerksform Hannover, Weihnachtsschau 2010
  • „Factory In“, Selb, mit dem Maler Hari Beierl, 2010
  • „In Schale geworfen“, mit S. Krieger u. C. Lanzendörfer, 2009
  • „Forum Junges Porzellan“, Porzellanikon Selb, 2008 und 2009
  • „Glaskunsttage“, Galerie Egeter, Weiden, 2008
  • 2006 Kunstsymposium der grenzüberschreitenden Gartenschau
    Marktredwitz/Eger mit der Porzellaninstallation „floris m. redwitza”,
    2,70 x 3,00 m, Ankauf durch die Stadt
  • 2002 Preisträgerin und Realisierung eines Wandbrunnens des
    Altenheims in Leinefelde/ Thüringen mit den Materialie
    Porzellan, Glas, Wasser und Licht

Öffentliche Ankäufe / Kunst im öffentlichen Raum
  • 2002 Preisträgerin & Realisierung Wandinstallation Leinefelde,(Porzellan, Glas, Wasser, Licht)
  • 2006 Kunstsymposium der Gartenschau Marktredwitz/Eger.Porzellaninstallation „floris m. redwitza”, Ankauf durch die Stadt

Webseiten: