Regensburger Tagebuch

Notizen von der nördlichsten Stadt Italiens

Mittwoch, 9. November 2022

Gelungen - die Kulturpreisverleihung 2022 im marinaforum

Im Rahmen der städtischen Kulturpreisverleihung wurden am Abend des 26. Oktober 2022 im marinaforum die kulturellen Auszeichnungen der Stadt Regensburg verliehen.

Verliehen wurden wieder ein Kulturpreis und drei Kulturförderpreise. Und die Anwesenden waren sich einig: das waren wunderbar ausgewählte Preisträger und insgesamt eine schöne Veranstaltung mit exzellenten Musikdarbietungen

OB Maltz-Schwarzfischer



Kulturpreisverleihung 2022 im marinaforum



Übersicht über die Preise:

Kulturpreis: 
  • Dr. Medard Kammermeier (Laudatio: Florian Sendtner)

Kulturförderpreise
  • Rebekka Maier alias "Die Nowak" (Laudatio: Katharina Dobner)
  • Nico Sawatzki (Laudatio: Dr. Mathias Listl)
  • Ghost Town Radio (Laudatio: Säm Wagner)

Über die einzelnen Geehrten möchte ich etwas ausführlicher schreiben - weshalb auch dieser Artikel so spät erscheint.






Kulturpreis 2022: Dr. Medard Kammermeier (für sein Lebenswerk)

Da ist zunächst der Kulturpreis. Dr. Medard Kammermeier erhielt den Kulturpreis 2022 für sein Lebenswerk und sein jahrzehntelanges Engagement für die Kino-Szene in Regensburg. 

Ihm haben wir unglaublich viel zu verdanken. Vor allem den Arbeitskreis Film e.V. und somit die filmgalerie im Leeren Beutel, ihm verdanken wir aber auch die Existenz der Stummfilmwoche und die der Kurzfilmwoche

Schließlich kamen Festivals wie die Französische Film- und Kulturwoche dazu, sowie das Filmfestival "Heimspiel" (heute Transit Festival), und als wenn das noch nicht genügt, sorgte er auch für die beliebte Open-Air-Reihe Cinema Paradiso und seit mehr als einem Jahrzehnt leitet er die Kinos im Andreasstadel. 


Dr. Medard Kammermeier




Medard Kammermeier legte sein Engagement aber auch auf die Wissensvermittlung, Nachwuchsförderung und Kinorettung. So war Medard Kammermeier viele Jahre als Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Medienwissenschaft der Universität Regensburg tätig, wo er ab 2002 sein umfassendes filmhistorisches Wissen an die Studierenden weitergab. 

2015 machte er sich für den Erhalt des Ostentorkinos stark, das damals kurz vor dem Aus stand. Seitdem ist er gemeinsam mit Martin Haygis und Hans Geldhäuser einer der drei Pächter des Kinos.

Wie der Laudator Florian Sendtner erklärte, hat er dies für einen Hungerlohn, also schon fast ehrenamtlich gemacht.

Dr. Medard Kammermeier bekam bei der Verleihung - zu Recht - minutenlangen Applaus vom begeisterten Publikum. Seine Rede war vergnüglich und bescheiden und gipfelte in der Behauptung, eigentlich hätten immer nur seine Helfer die Arbeit gemacht. "Ich war der, der nur dagesessen ist  und a bissl organisiert hat"

W. Dersch, M. Kammermeier, OB Maltz-Schwarzfischer



Laudator: Florian Sendtner



Kulturförderpreis für "Die Nowak"

Hinter dem Künstlernamen "Die Nowak" versteckt sich die Sängerin und Songwriterin Rebekka Maier, die auch mit musikalischen Beiträgen den Abend aufgelockert hat. Ich hatte sie 2019 mal bei einem Wohnzimmerkonzert erlebt und war schlichtweg begeistert. Eine kristallklare, treffsichere Stimme mit enormen Umfang, exzellentes Können am Klavier und wunderschöne eigene Kompositionen und Texte. Ich wollte damals etwas über sie schreiben, hatte aber zu wenig Informationen und zu einem Interview mit ihr habe ich es nicht geschafft. Später habe ich sie bei einem Mini-Auftritt in Eichhofen ("Mühlenkunst") gesehen.

Wie ich bei der Verleihung erfuhr, war sie in der schweren Zeit der letzten 3 Jahre sehr engagiert, was die Vernetzung der Musikszene betrifft. Ihr ging es um "Kollaberation statt Konkurrenz, betonte die Laudatorin. 

So gab es zum Beispiel ein Projekt "7*innen". Bei einer Recherche dazu fand ich nur einen Veranstaltungshinweis "Singer-Songwriterinnen und Poetry Slammerinnen haben sich zusammengeschlossen, um dem Publikum ein vielseitiges Programm aus deutschen, englischen, lustigen, nachdenklichen, lauten, leisen, sensiblen und starken Songs und Texten zu präsentieren. Mit dabei sind DIE NOWAK, RIVA LEON, ISA FISCHER, LUISA FUNKENSTEIN, PAULINA URBAN, TERESA REICHL und KATHI MOCK."


W.Dersch, "Die Nowak", OB Maltz-Schwarzfischer

Laudatio: K. Dobner




Kulturförderpreis für Nico Sawatzki

Nach jahrelanger Beschäftigung mit Graffiti hat sich Nico Sawatzki 2012 als freischaffender Künstler selbständig gemacht. 

Ich verfolge seine bemerkenswerte Karriere schon seit 2014, seit er das erste mal bei einer Ausstellung des Kunstverein GRAZ mitmachte. In den Jahren danach hat er im In- und Ausland ausgestellt und sich diverse Preise geholt (z.B. 2015 den Kunstpreis des Kunst- und Gewerbevereins). Irgendwann nahm in die Galeristin Isabelle Lesmeister unter ihre Fittiche, was an sich schon für ein besonderes Talent spricht. 

Seine abstrakten Bilder haben einen sehr eigenen Stil mit viel Wiedererkennungswert. Noch mehr Fasizination erlebt man, wenn man sie sich aus der Nähe betrachtet. Dann erkennt man dreidimensionale Strukturen. Denn Nico Sawatzki arbeitet mit einer selbst entwickelten Mischtechnik mit Acryl (als Basis), Klebestreifen und Spraytechnik als letzte Schicht.  Bei der Preisverleihung wurde ein Kurzfilm gezeigt, bei der die Arbeitsschritte erkennbar sind.

Bilder von ihm  findet man z.B. auf der Webseite der Galeristin (https://www.galerie-lesmeister.de/artists/64431/nico-sawatzki/works/) Allerdings kommt bei diesen kleinen Abbildungen die Wirkung der großformatigen Originalbilder naturgemäß nicht "rüber" - und man kann auch die feinen Strukturen nicht erkennen.

W. Dersch, Nico Sawatzki, OB Maltz-Schwarzfischer

Laudator: Dr. Listl



Nico Sawatzki und Galeristin Lesmeister im August 2020
https://www.regensburger-tagebuch.de/2020/08/stimmungsvolle-vernissage-in-der.html



Kulturförderpreis für Ghost Town Radio - Adam Lederway

Auch über Ghost Town Radio hatte ich hier schon mal berichtet. Mitten in der Lockdownzeit imFrühjahr 2020 startete der aus New York stammende Stadtamhofer "Adam Lederway" ein Internetradio-Projekt. Mit Freunden zusammen begann er aus seinem Wohnzimmer in die Geisterstadt zu senden. Daher der Name Ghost Town Radio (ich berichtete darüber am 9. Mai 2020: https://www.regensburger-tagebuch.de/2020/05/regensburger-internet-radio-sender.html)

2003 zog er nach Regensburg und brachte das Konzept des „Community-Radios“ mit in die Stadt. Bereits als Student hatte Adam Lederway erste Beiträge für den Radiosender seiner Universität in New York produziert. Über 100 Personen hatten dort mitgeholfen, das Radioprogramm rund um die Uhr „on-Air“ zu halten.

Ghost Town Radio  verschaffte vielen Bands ein Publikum, irgendwann kam auch ein Kinderprogramm dazu, und bald sendete er praktisch täglich. Und zwar live, ohne Mediathek. 

Wie ich nun erfahre, hat der Sender in der Musikszene voll eingeschlagen - viele andere Leute wollten mitmachen oder ihre Musik vorstellen. Es entstand eine Art community. Nach über einem Jahr sind es bereits mehr als 30 Personen, die für das Netzwerk regelmäßig Radiobeiträge produziere 

Adam Lederway hat mittlerweile sein Studio aus dem Wohnzimmer in einen geförderten Raum im Andreasstadel verlegt, und sein Ziel ist es, dass andere selbständig von dort aus senden können. 

Für dieses Netzwerkprojekt wurde er mit einem Kulturförderpreis 2022 geehrt. 

Die Laudatio sprach Säm Wagner. Dieser erzählte von der enormen Leidenschaft des Radiobetreibers. So war er nach einem sechsstündigen nächtlichen Live-Plausch irgendwann so müde gewesen, dass er vorsichtig nachfragte, ob man nicht langsam enden sollte. Und Lederway fragte erstaunt "aber es hören doch noch ACHT Leute zu!"

M. Dersch, Adam Lederway (Ghost Town Radio), OB Maltz-Schwarzfischer

Adam Lederway (Ghost Town Radio),

Laudatio: Säm Wagner





Musik

Für musikalische Untermalung des Abends sorgten nicht nur die Künstlerin Rebekka Maier, sondern auch - so steht's auf der Ankündigung - "Roman S feat. ABC".

Nun, das scheint wieder mal so eine versteckte Botschaft für Insider zu sein. Denn ich fand weder in der Pressemitteilung noch im Internet greifbare Informationen zu Roman S noch zu ABC, und die Medienberichte beließen es auch bei diesem Namen. Vielleicht soll das nichts für die Allgemeinheit sein. Aber ich war so begeistert über die Musik, dass ich trotzdem etwas darüber berichten möchte.

So gab es einmal den Auftritt eines Künstlers, der mit einer Loopmaschine (Looper) und Instrumenten sowie Stimme einen herrlichen Sound erzeugte. War das "Roman S"? Es war jedenfalls beeindruckend.

Der "Looper" wird gefüttert






Dann kam eine Brassband mit zwei wunderbaren Auftritten. Das war dann wohl "ABC". Darüber fand ich natürlich auch nichts. Aber das könnte von Namen und Beschreibung her vielleicht die "Anarchist Brass Collective" sein, eine Name, der gelegentlich (über Veranstaltungshinweise á la "ausverkauft") im Internet auftaucht. Aber auch über diese Band findet man nicht leicht Infos oder eine Homepage. Letztlich fand ich nur einen Artikel in der Jazz-Zeitung anlässlich das diesjährigen Jazzweekends, wo diese Brass-Band teilnahm:

Anarchist Brass Collective

Das Regensburger Kollektiv setzt mit Blasinstrumenten, dem Charme südamerikanischer Leichtigkeit sowie mit dezenter Banjo- und Schlagzeug-Unterstützung Songs von „nicht gern gehörten“ alten Zwiefachen, afrikanischen Apala-Stücken und allerlei anderes Kurioses neu in Szene. Kann man „Ein Prosit“ traurig spielen? Wie klingt Major Lazers „Get Free“ mit Blasinstrumenten? Und passt „Die Alte Kath“ zum „Moliendo Cafe“, nachdem man vorher mit dem „Musicawa Silt“ einen Abstecher nach Äthiopien gemacht hat? Diese Band bietet Antwortet: ein klares Ja! Eine perfekte Mischung zwischen traditionellen Brass Bands, (Free)Jazz und Underground-Subkultur: Alles jenseits sämtlicher Genre-Schubladen und Altersgrenzen.

aus: https://www.jazzzeitung.de/cms/2022/07/das-abc-des-bayerischen-jazzweekends-in-regensburg/
Wenn das nun diese Band war, die bei der Preisverleihung auftrat, würde die Beschreibung in vollem Umfang passen. Wenn nicht, habe ich hier so nebenher für eine andere Regensburger Band Werbung gemacht. Was auch gut ist. 







Rebekka Maier (Die Nowak)




Der Empfang

Im Anschluss gab es wie üblich einen Empfang im Foyer des marinaforums, unter der herrlichen denkmalgeschützten "Zollingerdecke". Der Empfang bot Gelegenheit für den Austausch der geladenen Kulturschaffenden im Raum Regensburg geben.